16.08.2024 – Der Tagesbericht

Freitag, für viele der Anwesenden der zweite Tag, an dem man sich um 9 Uhr morgens total verschwitzt aus dem Zelt schält und erst einmal die Blessuren des Vortags, -abends und diversen Konsums begutachtet. Noch alle Gliedmaßen dran und keine fremde Person mit im Schlafsack? Dann auf zum Duschen, dann schier nicht mehr in die Hose kommen, weil noch alles feucht ist und ab zur T-Stage, um nach dem Schlager-Gedudel, welches stellenweise durch die Camps schallert, eine gehörige Portion Deathcore einzusacken. DISTANT waren dafür eine sehr gute Wahl. Man konnte einfach ganz normal mitmachen, sich den zahlreichen Circle Pits anschließen oder sich aber mit Wasserbällen bewerfen und von Roundkicks ausknocken lassen. Das machte so Spaß, da wollte der Gitarrist nach seinem Ausflug in den Pit gar nicht mehr zurück auf die Bühne. Inzwischen war man richtig wach, wieder völlig durchnässt und eigentlich war das genau der richtige Zeitpunkt die Händlermeile nach einem geeigneten Andenken abzuklappern.

Standcheck beim SUMMER BREEZE bedeutete auch, die wichtigen investigative Fragen beim Einkaufsbummel durch die einzelnen Stände zu stellen. Wie viele alkoholisierte Tattoo-Begeisterte lagen denn wirklich bei einem Festival unter der Nadel? Die Antwort lieferten die Künstler vor Ort. Nur wenige würden mit Dampf auf dem Kessel nach einem Tattoo fragen. Diejenigen, die etwas getankt hatten, wurden selbstverständlich direkt aussortiert. Der beste Zeit-Slot wäre direkt morgens. Also heißt es hier, der frühe Vogel fängt den Wurm – a.k.a. die Tätowierung. Wer also seine Haut verschönern möchte, sollte sich am besten früh aus dem Schlafsack quetschen.

Beim Stand der metal.kids fand man indes alles mögliche für die zu Hause gebliebenen kleinen Metalheads. Der beliebteste Strampler? Aktuell der von ELECTRIC CALLBOY, denn Einhörner und Regenbögen auf einem kleinen Stück Stoff funktionieren immer. Am Samstag zum Ende des SUMMER BREEZE sei der Andrang auf die Mini-Kleidungsstücke am größten, hieß es. Kurz vor Ende realisierte nämlich die eine oder andere Mama oder auch der eine oder andere Papa, dass es vielleicht doch noch cool wäre, dem Kind zu Hause eine Kleinigkeit mitzubringen.

Einen Hauch von ELECTRIC CALLBOY spürten wir auch bei der Show von THE BUTCHER SISTERS. Ehm, kurze Frage bitte: Woher kamen die auf einmal und warum hielten alle auf einmal ihre Bauchtaschen in die Luft? Faszinierend, bunt und wild ging es im Moshpit zu. Man hatte das Gefühl, die gesammelte Comicwelt würde sich da in der Hitze einen zurechtrumpeln. Super Mario crowdsurfte neben einem Teddybären. Spandex-Latex-Leggins, die nur das nötigste des Gemächts verdeckten, trafen auf Pokémon-Ganzkörperkostüm. Hier war alles vereint im Namen des kalkuliert gesenkten… äh, Niwohs. Aber egal, denn der Metalcore machte eindeutig Laune und manchmal war Kopf-Ausschalten auch die beste Lösung.

Soundcheck beim SUMMER BREEZE: Nicht immer gelang es direkt beim ersten Song, einen perfekten Sound zu zaubern. Klar, das waren immer die Situationen, wenn beispielsweise der Gitarrist wild zum Bühnenrand gestikulierte oder sich der Sänger bei einer Ansage direkt an den Soundmann wandte. Meistens konnte das Problem schnell gelöst werden, wie bei KAMPFAR, deren Sänger Dolk kurzerhand von einer Stagehand ein neues Mikrofon in die Hand gedrückt bekam. Bei EINHERJER waren die Probleme aber etwas hartnäckiger: Die Band setzte gleich dreimal an, bis Frontmann Frode Glesnes resigniert bekannte: „Das ist unser SPINAL-TAP-Moment!“ Im Laufe des Gigs wurde aber auch hier der richtige Schalter für die Gitarre gefunden. Die Brutal Deather ACRANIUS hatte es vor zwei Jahren allerdings so schlimm erwischt, dass während der Show der Strom ausfiel. Happy End: Ihren Gig konnten die Pechvögel 2024 endlich in voller Länge nachholen.

Freunde der härteren Klänge, was hatten die SUMMER BREEZE-Veranstalter denn da für einen geilen Abend zusammengestellt? Ehrlich, wir sprechen hier von einer viereinhalb Stunden dauernden Death- und Black-Metal-Sause mit CRADLE OF FILTH, IMPERIUM DEKADENZ, KAMPFAR, MOONSPELL, CARNATION und NECROPHOBIC.

Da kam auch der Schminkaspekt nicht zu kurz. Für Anhänger düsterer Klänge ein nicht zu unterschätzender Punkt. Also Schminken. Denn bereits am Abend zuvor fielen zwei junge corpsebepaintete Damen auf, die bei EXODUS in der ersten Reihe standen (und, nebenbei bemerkt, immer dann besonders grimmig guckten, wenn die Kameras für die Videoleinwände sie in den Fokus nahmen).

Also legten wir Mascara bereit und spitzten den Kajal, gingen in Angedenken an die beiden Gothic-Ladies über das Infield und checkten die einzelnen Bands auf den Schminkaspekt ab – Rating inklusive. Unser Weg führte vor die T-Stage zu CRADLE OF FILTH. Wenn jemand als Trendsetter fungierte, dann doch Frontmann Dani Filth. Und wenn Obelix einst als Kind in den Zaubertrank gefallen war, müsste es bei Mr Filth doch glatt der Schminktopf gewesen sein. Jedenfalls präsentierte er sich wieder einmal als Avantgarde der düsteren Schminkkunst. Unser Rating: eine souveräne 9/10. Nebenbei bemerkt ließ das CRADLE-Set auch kaum Wünsche offen.

Okay, okay, LORDI passten in diese Reihe vielleicht nicht ganz rein, weil a) die Musik nicht hart genug war und b) die Finnen Masken statt Schminke trugen, aber ‚A N Y H O O‘! Schließlich weiß jeder, der mal einen Tag sonnengecremt über das staubige Infield getrottet ist, dass die Übergänge zwischen Schminken und knuspriger Gesichtsmaske manchmal fließend sind. Statt Rating deshalb ein dreifaches Hard Rock Hallelujah!

Bei IMPERIUM DEKADENZ und MOONSPELL freuten wir uns über die Musik, mussten aber das Rating mangels Corpsepaint schuldig bleiben. Also ging es flugs weiter zur T-Stage, wo KAMPFAR sehr dezentes Weiß aufgetragen hatten. Weiß wie Schnee, was ja gut zur schwarzmetallisch vertonten Naturmystik passte. Insofern eine solide 7/10, die von der Show allerdings noch locker getoppt wurde.

Nahtlos ging es weiter auf der Wera Tool Stage, wo mit den Belgiern CARNATION zwar eine waschechte Death-Metal-Band auf der Bühne stand, deren Sänger Simon Duson aber immer schon an den Schminktöpfen geschnuppert hatte. War es bis vor Kurzem noch das beherzte Eintauchen mit dem Kopf in einen Eimer Kunstblut, standen heuer die fortgeschrittene Künste auf dem Programm. Und wer wollte, sah ein klitzekleines Bisschen CRADLE-Schule in seinem Gesicht. Eine souveräne 8/10 in unserem Rating, was auch für die fette Show galt.

Schüchternheit war die Sache von NECROPHOBIC nicht – weder was die Ausstattung mit ultrabösen Accessoires wie Ketten, Pentagrammen, Nietenarmbändern anging. Auch die satanistische Show auf der T-Stage war nicht von Zurückhaltung geprägt. Das zeigte sich auch im Corpsepaint der fünf Mitglieder, das wie ein Best-of der trve-norwegischen Schminkkunst durchging. Ganz oder gar nicht. Insofern eine 10/10 zum Schluss, wir können gar nicht anders.

Mit diesen Eindrücken ging es (selbstverständlich erst nach sorgfältigem Abschminken) flott in die Buntkarierten. Wohl geschlafen zu haben!

SVALBARD (11:30, TS)

Die britische Post-Hardcore-Band SVALBARD aus Bristol kehrte in diesem Jahr triumphal auf das SUMMER BREEZE zurück und knüpfte nahtlos an ihren intensiven Auftritt von vor zwei Jahren auf der WERA TOOL REBEL STAGE an. Bereits zu früher Stunde begrüßte Sängerin Serena Cherry das noch dünn besetzte Rund in charmantem Deutsch und drückte ihre Freude darüber aus, wieder hier spielen zu können. Mit den ersten Klängen zauberte die Band einen musikalischen Gänsehautschauer, der die Atmosphäre sofort elektrisierte. Besonders mitreißend waren die
Momente, als Cherry verschmitzt lächelnd ihre Gitarre in die Höhe riss und sich packende Duelle mit Rhythmus-Gitarrist Liam Phelan lieferte. Die Dynamik zwischen den beiden sorgte für pure Magie auf der Bühne. Schon nach kurzer Zeit füllte sich der Platz merklich, und Serenas „liebenswerte“ deutsche Ansagen fanden immer mehr begeisterte Zuhörer. Ihr „Guten Morgen SUMMER BREEZE! Wie geht es dir?“ nahm das Publikum lautstark an. Als sich dann auch noch die Wolken vor die stechende Sonne schoben, entfaltete sich die Energie im Publikum in voller Stärke. Der Auftritt gipfelte in dem finalen Song „Eternal Spirits“, nach dem die Band unter lauten „One-More-Song“-Rufen die Bühne verließ. SVALBARD hatten mit diesem fantastischen Auftritt zu früher Stunde bewiesen, dass sie bereit für den nächsten Step sind. Großartig!

VOODOO KISS (13:45, WTS)

Mit VOODOO KISS folgte eine Band, die für das SUMMER BREEZE Open Air steht wie wohl keine Andere. Zum Einen aufgrund ihrer historischen Verbandelung mit dem Festival, auf der anderen Seite, da Chef Achim Ostertag bei den Hard-Rockern hinter den Kesseln sitzt. Pünktlich zum diesjährigen Freitag erschien auch deren neues Album „Feel The Curse“, mit dessen Titeltrack die Truppe aus dem Ostalbkreis direkt eröffnete. Wie schon die Songs aus der ersten Scheibe, orientieren sich die frischen Songs an klassischem Gute-Laune-Rock und gingen von der ersten Minute ins Tanzbein. Am Mikrofon gaben sich Gerrit Mutz und Steffi Stuber die Klinke in die Hand und überzeugten mit feinstem zweistimmigen Gesang. Schnell hatten VOODOO KISS mit ihren eingängigen Rhythmen und Refrains die Menge in der Hand und waren in den Gesangspassagen nicht mehr alleine. Auch die Stücke aus dem ersten, selbstbetitelten Album funktionierten mit zwei festen Vokalisten hervorragend und animierten zu frühen Hüftschwüngen in der Mittagssonne. Dass schließlich ausgerechnet „Thousand Steps Of Goodbye“ als letzter Song fungieren würde, dürfte angesichts seiner Ausgestaltung als obligatorisch gelten. Getragene Oho-Singalongs wurden vom Publikum übernommen und die Band zeigte noch einmal, warum sie nach dem Jubiläumszusammenschluss vor zwei Jahren weitermacht: In erster Linie ists ganz offensichtlich der Spaß am Musizieren!

Mr. Hurley & die Pulveraffen (14:00, CC)

Es ist das Festival der Überraschungen. Ohne große Vorankündigung enterten MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN Freitagnachmittag die Campsite Circus Stage. Auch dieses gut gehütete Geheimnis war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ganz so geheim, so dass die Fläche vor der Bühne bereits bis nach hinten zum Gruselclown aus allen Nähten platzte. MR. HURLEY verkündete sogleich, dass die Band mit dem heutigen Auftritt offiziell auf allen vier Bühnen des SUMMER BREEZE gespielt hat, und für das nächste Jahr ein Auftritt auf der Main Stage geplant ist. Diese Ankündigung wurde mit frenetischem Jubel belohnt, und entsprechend übermütig ging es den Rest des einstündigen Auftritts weiter. Die Band spielte Klassiker wie “Blau wie das Meer“, “Leuchtturm“ oder “Meine Schnauze“, und das Publikum vor der Campsite Circus Stage trotzte gutgelaunt der gnadenlos herunterbrennenden Sonne, um sich rege mit Crowdsurfing, Klatschen, Singen oder einer Polonaise quer durch die Menge zu beteiligen. Als Gast auf der Bühne unterstützte heute zur allgemeinen Begeisterung Drummer Rollo von FEUERSCHWANZ an der Trommel. Allzu früh kam der einstündige Auftritt zu einem Ende, und MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN schlossen das Set mit einem Medley aus diversen Songs wie “Cotton Eye Joe“, “Barbie Girl“, “Yellow Submarine“ und dem Titelsong der “Gummibärenbande“ passend ab.

THE BUTCHER SISTERS (14:20, TS)

Bauchtaschen umgeschnallt und Niveau auf das untersten Level heruntergeschraubt: THE BUTCHER SISTERS are in da House! Bereit für Schabernack und Kokolores hieß es um 14:20 Uhr auf der T- Stage. Der Fun- Metalcore – Mischmasch der Band aus Mannheim bot zwar keine tiefgründigen Texte, aber dafür Crowdsufer, Dinokostüme, Teddybären und eine Horde Festivalbesucher, die im Kollektiv die Bauchtaschen hochhielten. Wir lernten heute: „Zipper auf! Tasche auf! “ Um es mit einem Wort zusammenzufassen: Wild! Die BUTCHER SISTERS hielten mit Ansagen wie „Mega, dass wir bei Rock Im Park“ spielen dürfen“, den Anspruch stets auf niedrigster Stufe. Die Show hatte ein bisschen etwas von einer Mallorca – Saufparty auf Core-Basis. Eine Sause , die stabil abging. Jeder in der Menge erwies sich als extrem textsicher. Lautes Mitsingen und Abgehen mit jedem einzelnen Song. Okay, zugegeben, liebe BUTCHER SISTERS, eure Texte sind jetzt auch nicht die schwersten. Darauf kam es hier und heute aber auch nicht an, denn das „B“ im Bandnamen stand für „Bambule vom Feinsten“ und für dieses „Kopf – Aus und Schnaps – im Kopf – Gefühl“ am frühen Nachmittag.

NEAERA (15:00, MS)

Das Banner mit dem Bandlogo prangte im Hintergrund und davor agierte die Band beim Soundcheck noch recht verhalten. Denn die Zeichen sprachen nicht unbedingt für einen Triumphzug zur frühen Stunde und bei derbstem Sonnengeballer. Fronter Benny war während des Soundchecks auch nirgendwo zu sehen, selbst dann noch nicht, als die Band mit dem Opener „Armamentarium“ wuchtig loslegte. Nach wenigen Sekunden aber stürmte Benny dann als wäre er stinksauer auf die Bühne und von dort schnurstracks runter zu den Leuten, teilte dort das Meer und machte mitten im Volk den Metal Moses. Die anschließende Frage vor „Walls Instead Of Bridges“ „Summer Breeze seid Ihr mit uns?“ war an sich eine rhetorische, denn dank der furios aufspielenden Band und dem vor Energie geradezu funkensprühenden Fronters hielt sich auch im Publikum niemand mehr zurück. Benny war unterm Strich wohl mehr beim/im Publikum als auf der Bühne! Spätestens beim dritten Song „Torchbearer“ gabs dann auch massig Arbeit für die Grabenschlampen: zig Crowdsurfer:innen wurden über die Köpfe gen Graben durchgereicht. Später war dann sogar das SUMMER BREEZE – Maskottchen Mikey am Crowdsurfen! Beim sechsten Track „Let The Tempest Come“ präsentierte Benny dann BastiBasti von Callejon als Gastsänger. Danach servierten sie dann „All Is Dust“ vom gleichnamigen neuen Album bevor eine jetzt schon legendäre Show mit „Spearheading The Spawn“ einen krönenden Abschluss fand. Was. Ein. Fukin. Abriss!

HALCYON DAYS (16:45, CC)

Die Sonne brutzelte erbarmungslos vom Himmel und machte den nächsten Gig auf dem Campsite Circus zu einer schweißtreibenden Angelegenheit: HALCYON DAYS aus Oslo hatten sich mit „True Norwegian Metalcore“ angekündigt und lebten auf der Bühne das vor, was sie von den Fans erwarteten. Frontmann Robbe Madsen tigerte ständig von links nach rechts und kommunizierte viel mit dem Publikum, das auf dem Infield mächtig viel Staub aufwirbelte – und zwar im wahrsten Wortsinn. Kein Wunder, denn die von atmosphärischen Backingtracks untermalten Songs waren nicht nur melodiös, sondern hatten auch ordentlich Bumms. Da gingen die harten Beats sofort in die Beine. Am Ende waren alle zufrieden, weshalb der Vierer zum Abschluss noch für ein Selfie mit seinen Fans posierte.

DELAIN (17:40, MS)

Die niederländischen Symphonic-Metaller von DELAIN, die seit August 2022 bis auf Mastermind Martijn Westerholt in kompletter Neubesetzung unterwegs sind, feierten heute ein Wiedersehen mit dem SUMMER BREEZE-Publikum. Das Bühnenbild erstrahlte in kühlem Eisblau auf Schwarz und zeigte den für DELAIN typischen Kolibri inmitten blauer Farbwirbel. Passend dazu startete das Set mit dem Song “The Cold“, einer von insgesamt nur drei Titeln vom aktuellen Album “Dark Waters“. Der Rest der Setlist bestand aus einem Mix querbeet durch die älteren DELAIN-Alben, wobei der Fokus ganz klar auf den Publikumslieblingen lag. Die Zuschauer dankten es der Band entsprechend mit großer Begeisterung. Frontfrau Diana Leah und Gitarrist Ronald Landa teilten sich nicht nur die Vocals in Klargesang und Growls auf, sondern veranstalteten außerdem ein paar Mitmach-Aktionen mit dem Publikum. Das zeigte sich in guter Form und machte alles enthusiastisch mit. Gegen Ende des Sets kam von Landa die Frage, ob denn am dritten Festivaltag alle schon müde seien. Er forderte die Zuschauer auf, “Say fuck no, Ronald“ zu brüllen, und kündigte als Belohnung die heimliche Bandhymne “The Gathering“ an. Das einstündige Set endete mit dem Fanliebling “We Are The Others“, und DELAIN hinterließen eine nassgeschwitzte, aber glückliche Zuschauermeute.

MOTIONLESS IN WHITE (17:40, MS)

MOTIONLESS IN WHITE in Dinkelsbühl? Eine heiß ersehnte Premiere! Mit ihrer Mischung aus recht massentauglichem Metalcore, gespickt mit elektronischen oder gar Gothic-Elementen war der Altersdurchschnitt der Menge sichtbar niedriger als zuvor bei DELAIN. Und wenn man dann die Reaktion auf das Erscheinen von Chris Motionless genauer betrachtet, machten insbesondere die weiblichen Fans ihrer Begeisterung lautstark Luft und wer es bis in den Graben geschafft hat, machte beim Hinausrennen auch öfter mal ein kleines Tik Tok-Video von seiner Erfahrung. Das Set selbst beinhaltete erstaunlich viele mitsingbare Halb-Balladen (wie z.B. „Masterpiece“ und „Another Life“), andere Songs wie „Thoughts And Prayers“ und nicht zuletzt der Publikumsliebling „Reincarnate“ rissen mit ihrem Druck und Tempo fast die Bühne nieder. Der Abschluss „Scoring The End Of The World“ verlangte allen Anwesenden nochmal alles ab und es gab so viele Crowdsurfer, dass kaum noch Menschen übrig waren, um die Meute überhaupt nach vorn zu transportieren. Klares Fazit: MOTIONLESS IN WHITE dürfen definitiv öfter in Franken vorbeischauen!

DISENTOMB (18:00, WTS)

Schon in den ersten Sekunden von DISENTOMB war klar, dass die Schutt-und-Asche-Einheit ihr Handwerk auf der Wera Tool Rebel Stage bestens verstand. Die Australier bedienten alles aus dem Brutal-Death-Werkzeugkasten, als hätten sie erst kürzlich ihren Meister gemacht: exakt genagelte Riffs, ein hämmerndes Schlagzeug und Bewegungen wie aus dem Presslufthammer. Okay, genug der plakativen Bildsprache … Jordan James stolzierte selbstbewusst mit dem Mikro über die gesamte Bühnenlänge. Dabei schlug er sich immer wieder auf die Brust und in alle Himmelsrichtungen und kickte beim Laufen in die Luft. Songs wie „Chthonic Gateways“ vom „Misery“-Album standen Pate für die Musik von DISENTOMB. Und sehr viel mehr bekamen und wollten wir auch nicht: brutalen Death Metal ohne Schnickschnack mit körperbetont inszenierten Breakdowns, technisch aber immer anspruchsvoll, um sich gekonnt von stumpfen Ballerbands abzuheben. Also Mundschutz hoch und ab in den Staub-Pit.

WHITECHAPEL (18:35, TS)

Deathcore-Geballer mit freundlichen Grüßen aus Tennessee: WHITECAPEL enterten am frühen Abend die T-Stage. Die Band ist und bleibt auf ihre Art ein Brett. Keine Lichteffekte, keine große Show, sondern einfach und solide Power. Fronter Phil Bozeman stand lässig in Jeans und Shirt auf der Bühne und forderte nach dem zweiten Song eindringlich  einen Circlepit. Die SUMMER BREEZE -Gemeinde brauchte nicht lange um dieser Bitte nachzukommen. Die saftige Setlist forderte so einiges von der Nackenmuskulatur der headbangenden Menge. Und an dieser Stelle muss das unfassbare Stimmvolumen Bozemans erwähnt werden. Bitte, was dieser Mensch sich kraftvoll aus der Kehle growlt, ist nicht normal. Der brachiale Sound hagelte mit aller Macht auf das Publikum nieder. Da half nur Augen schließen, im Moment baden und jeden Drumschlag in der Magengrube genießen. Die Deathcore- Gewalt hielt die T- Stage für eine Stunde fest im Würgegriff.
WHITECHAPEL stürzten sich zu jedem einzelnen Takt immer tiefer über ihre Instrumente. Hier fühlte nicht nur das Publikum den Vibe sondern auch die Band selber. Phil Bozeman richtete dankende Worte an die Menschenmasse vor der Bühne. Danksagende Worte für die Atmosphäre auf dem SUMMER BREEZE und für die Energie vor der Bühne. Ob „Let Me Burn“ oder „We Are One“ die US-Amerikaner ließen heute kein Highlight außen vor und zuckerten ihre Setlist mit alten und neuen Tracks. Die SUMMER BREEZE- Besucher reagierten ihrerseits mit einer amtlichen Menge an Crowdsurfern. Die Show von WHITECHAPEL fand mit der untergehenden Abendsonne ihren krönenden Abschluss. Band happy, Deathcore-Crowd happy, alle happy!

FEUERSCHWANZ (19:10, MS)

Kurz vor Sonnenuntergang, es wehte ein laues Lüftchen auf dem Battlefield. Der Geruch von Schweiß und Bier lag in der Luft, Aufblas-Bananen und Äxte ragten gen Himmel und da ertönten sie: Die Hörner! Die Hörner der Zuschauer, welche den Hauptmann und seinen (gar nicht mehr so geilen) Haufen willkommen hießen und mehr als 80 Minuten Reise nach Walhalla einleiteten. Im Herr der Ringe-Jargon würde man sagen: Sie erwarteten ihr Kommen, beim letzten Licht des dritten Tages, bei Sonnenuntergang schauten alle zur Main Stage. Bereits zum sechsten Mal gaben sich FEUERSCHWANZ auf dem goldenen Boden Dinkelbühls die Ehre und sie kamen alle! Behaarte Sailor Kriegerinnen, Pikachus, ausgestopfte Tiere, ja irgendwie hatte sich sogar Kratos mit seiner Axt bis vor zu den Grabenschlampen gekämpft. Eröffnet wurde die 15-teilige Show mit dem neu interpretierten Märchen-Song „SGFRD Dragonslayer“ und wenn auch keine richtigen Drachen vor Ort waren, so konnte man die Hitze des Gefechts gegen eben diese beim Einsatz der Pyros und speienden Feuersäulen durchaus nachempfinden. Mit Flöten, Dudelsäcken und den Tanzeinlagen der wunderschönen Miezen feierten das ausgeschilderte Team Hauptmann, wie auch das Heer Hodis mit „Huh!“ und „Hah!“ das mittelalterlich-lustige Stelldichein, während Johanna von der Vögelweide ihre Fähigkeiten als zu beneidende Virtuosin auf der Geige zum Besten gab. Songs wie „Ultima Nocte„, „Kampfzwerg“ und „Uruk-Hai“ wurden unüberhörbar geliebt, neonfarbene Sonnenbrillen waren Dresscode für „Dragostea din tei“ und nach „Berzerkermode“ spannten sowohl Bizeps, als auch Nacken, bevor man mit „Das Elfte Gebot“ wieder in das Leben der Nicht-Hobbitse entlassen wurde. Nochmal Feiern und Eskalieren? Jawohl, Herr Hauptmann!

NECROTTED (19:40, WTS)

Die tiefstehende Abendsonne sorgte für romantisches Licht, als die Abtsgmünder Homeboys NECROTTED ihr Set auf der Wera Tool Rebel Stage lostraten. Ein kleines Intro gab es zwar noch zur mentalen Vorbereitung, doch schnell prügelte „Sow Sorrow For Victory“ hart auf das versammelte Publikum ein. Das darauffolgende „Compulsory Consumption“ legte melodischer los und packte die Dampfwalze erst später aus. Im Anschluss war es Zeit für eine kleine Vorstellung, doch wie schnell klar wurde, hatten NECROTTED bereits einige bekannte Gesichter unter den Anwesenden entdeckt. Kein Wunder bei einem Quasi-Wohnzimmerkonzert. „Darf’s etwas schneller sein?“ fragte Fronter Fabian Fink, denn Drummer Markus Braun müsse schließlich ins Schwitzen kommen. Nachdem sich die Band nach dem Opener auf ältere Stücke konzentriert hatte, gab es in der zweiten Hälfte vermehrt Songs vom aktuellen Album „Imperator“. Vor allem „Reich der Gier“ bildete ein Highlight. Der Pit vergrößerte sich zusehends und die daraus aufsteigende Staubwolke zog bald weite Kreise. „SUMMER BREEZE, ihr enttäuscht einfach nie,“ stellten NECROTTED angesichts der guten Stimmung fest. Ihre Anerkennung sprachen sie in Shoutouts auch ihrem Label Reaper Entertainment und natürlich den Grabenschlampen aus. Diesen gab die Band mit dem letzten Song „Cynic Suicide“ direkt nochmal ordentlich zu tun. Mit der Vorfreude auf eine bald folgende Tour verließen NECROTTED ihr SUMMER-BREEZE-Publikum bestens gelaunt.

CALLEJON (20:30, TS)

Unglaubliche zehn Jahre war die Band nicht mehr auf dem Festival zu erleben und umso sehnlicher schien die Menge vor der T-Stage den Beginn herbeizusehnen. CALLEJON hatten es sich mit vom Fronter designten Aufstellern, einem ausladenden Logo-Backdrop und drei Perserteppichen vor dem Drumkit geschmackvoll eingerichtet. Pünktlich zur geplanten Startzeit schallerten als Intro die BACHSTREET BOYS mit „Everbody“ über die PA. Dann stürmte auch schon die Band (der Basser war barfuß) und kurz darauf auch Fronter BastiBasti auf die Bühne und gingen mit „Porn From Spain“ direkt in die Vollen. Die Freude übers Wiedersehen stand sowohl der Band als auch dem Volk vor der Bühne deutlich ins Gesicht geschrieben und als der Sänger dann „Habt ihr ein bisschen Bock auf Party?“ fragte war die brüllende Antwort des Mobs eindeutig. „Dann bringen wir euch Palmen aufs Festival!“ und es folgte natürlich „Palmen aus Plastik“. Mit „Mary Shelley“ packte die Band dann auch die erste Mega-Hymne aus und das Publikum sang selig mit bevor dann immer öfter selbst zwischen den Songs lauthals „Callejon, Callejon“ skandiert wurde. Der heimliche Held der Show war der Techniker der Band, der schneller als bei jedem Formel 1-Boxenstopp und während der Show in der ausgefallenen Senderanlage am Gurt des Bassisten mal eben die Batterie wechselte, was vor der Bühne wohl kaum jemandem aufgefallen sein dürfte. Mit der hereinbrechenden Dunkelheit wurde die Show dann nur noch intensiver. Auf die Ansage „Das nächste Lied ist gegen Scheiß-Nazis“ folgte dann tatsächlich „Schrei nach Liebe“ von DIE ÄRZTE (aus Berlin!), was das Publikum völlig zum Ausrasten brachte. Als größtmöglichen, aber genial gesetzten Kontrast servierte die Band im direkten Anschluss daran die emotionale Ballade „Kind im Nebel“ worauf sich das Publikum aufs imposanteste in ein Lichtermeer aus Handy- und Feuerzeuglichtern verwandelte. Danach gabs bei „Snake Mountain“ noch eine mächtige Wall Of Death bevor beim folgenden „Porn From Spain 2“ sich dann einer der Gitarristen crowdsurfend Mitten in einen tobenden Moshpit tragen ließ! In Germany we call it a VOLLABRISS!  Und zum Ausklang säuselte ELTON JOHN „Can You Feel The Love Tonight?“, aber sowas von!

LOS MALES DEL MUNDO (21:00, CC)

Es mag klischeehaft klingen, doch manche Bands müssen einfach im Dunkeln spielen. So auch LOS MALES DEL MUNDO, die sich nach Einbruch der Dunkelheit auf der Bühne des Campsite Circus einfanden. Sie hatten eine beachtliche Anzahl Zuschauer:innen angezogen, denn zeitgleich spielten AMON AMARTH auf der Main Stage. Das argentinische Black-Metal-Duo holte sich wie gewohnt Unterstützung von Nikita Kamprad (Bass) und Tobias Schuler (Drums) von DER WEG EINER FREIHEIT. Gitarrist Cristian Yans ließ sich für die aktuellen Konzerte allerdings vertreten. Das Set startete sehr melancholisch und mit einem langen Instrumentalpart. Fronter Dany Tee machte es spannend und setzte schließlich mit einem Schrei ein, als die Band von Blast Beats getrieben losprügelte. Die starken Einflüsse aus dem Post Black und Atmospheric Black sorgten für eine herrlich traurige Stimmung, während die aggressiveren Passagen kathartisch wirkten. LOS MALES DEL MUNDO spielten ihr erstes und bislang einziges Album „Descent Towards Death“ in voller Länge durch. Mit einer Spielzeit von gerne mal zehn Minuten verlangten die Stücke dem Publikum etwas Geduld ab. Sie wirkten aber gerade durch die langsame Entfaltung der vollen Emotionspalette. Sänger Dany Tee variierte seine Vocals entsprechend und lieferte von gutturalen Growls über gequälte Schreie bis hin zu Gekeife so ziemlich alles, was das Genre hergibt. Das Set kulminierte im letzten und stärksten Track „The Heavy Burden“, den die Band perfekt ausgewählt hatte.

AMON AMARTH (21:15, MS)

Ein weiterer sonniger Tag verabschiedete sich mit episch rotgoldenem Himmel in die Nacht. Beste Voraussetzung für eine Show, bei der Feuer eine gewichtige Rolle spielen sollte, Zeit für den Headliner AMON AMARTH. Pünktlich um 21:15 Uhr betraten die fünf Wikinger zu den Klängen des Intros die Bühne, bis bei „Raven’s Flight“ die ersten Pyros gezündet wurden.
Aber nicht nur die Feuersäulen sorgten für mollige Wärme, auch das Publikum war bei „Guardians Of Asgaard“ und „Pursuit Of Vikings“ schnell auf Betriebstemperatur. Jedenfalls feierten die Fans die Songs und viele sangen die Gitarrenriffs lauthals mit. Fronthüne Johan Hegg wandte sich das erste Mal an Publikum – beziehungsweise gestikulierte er lediglich, dass er es nicht hören könnte, um dann mit einem grimmigen Lachen die Sause zu eröffnen: „Let’s have a massive party tonight, let’s feast like fucking Vikings!“
Gesagt getan: „Deceiver Of The Gods“ samt bedrohlich mit einem Speer rumfuchtelnden Loke-Darsteller, „The Way Of Vikings“ mit inszeniertem Schwertkampf waren Stücke, welche die Fans nicht nur gediegen abfeierten, sondern zu denen auf der Bühne auch jede Menge passierte. Und es gab noch mehr: Gereckte Hörner bei „Heidrun“, Blitzgewitter und Donner beim abschließenden „Twilight Of The Thunder God“, dazu mächtige Bühnenaufbauten mit Hörnerhelmen, Wikingerschiffen und aufblasbaren Schlangen.
Bei „Put Your Back In The Oar“ ließ sich das Publikum auf den Boden nieder, um zum Brandschatzen an die nächste Küste zu rudern. Na ja, jedenfalls so ungefähr. Johan Hegg fiel es jedenfalls nicht schwer, die Meute zum Mitmachen zu animieren und mit seinen grimmigen Ansagen zu unterhalten. Nicht zu vergessen: Immer wieder gab es Pyros. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf dem Bühnendach und aus zwei Türmen, wo massive Feuersäulen ein beeindruckendes Bild vor dem schwarzen Nachthimmel abgaben. Jedenfalls wurden AMON AMARTH ihrem Headlinerstatus ohne Probleme gerecht. Überall auf dem zum Bersten gefüllten Infield sah man glückliche, aber erschöpfte Gesichter – keine Frage, dass die angekündigte Wikingersause Wirklichkeit geworden war.

TENSIDE (21:35, WTS)

Beim Start strömten noch Menschen mitten durch den Wera-Zuschauerraum zur Mainstage, aber davon ließen sich TENSIDE nicht beirren. Wer spielte da noch mal auf dem Hauptfeld? Diese Viking-Newcomer, oder? Trotzdem setzten die Münchener direkt ein optisches Ausrufezeichen, als zum Opener vier satte Pyrosäulen in die Luft stiegen. Die kamen überraschend! Und sofort waren wir mittendrin im modernen Schlachtfeld. Hier battelten sich keine Armeen mit Äxten und Speeren, hier moshten Menschen musikharmonisch miteinander. Oder wie es der Fronter ausdrückte: „Lasst uns bisschen das Tanzbein schwingen.“ Wenn die Eltern fragen, was das für Musik ist, die TENSIDE da spielen, ist die Antwort klar: einfach Metalcore Mama/Papa, nicht mehr, nicht weniger. Gerade in Symbiose mit dem coolen Lichtspiel, wenn sich die Farben am Deckenrund mal blau, mal rot den Strahlern auf der Bühne anglichen, entstand ein stimmungsvolles Ambiente, bei der wir zu Liedern wie „Iron Will & Golden Heart“ die „horns in the fucking sky“ reckten – während eine der größten Metal-Bands nebenan spielte. Stark!

ESCUELA GRIND (22:15, CC)

Im Spanischen bedeutet ESCUELA GRIND so viel wie „die Schule des Grindcore“. Schule machte am Freitagabend in jedem Fall die Energie, welche die Band und insbesondere Frontfrau Katerina
Economou schon beim Soundcheck an den Tag legten. Der wirkliche Beginn war dann erneut speziell, denn kein Intro läutete die Show ein – stattdessen ein Herunterzählen von Zehn auf Null,
bevor das Inferno seinen Lauf nahm. Am Schluss blieb nur noch verbrannte Erde. Economou verbiss sich förmlich in ihre Rolle als Anheizerin, sprang wild über die Bühne und konnte sich nach jedem Song ein „Fuck Yeah“, „Fuck Hell“ oder „Fuck Bitch“ nicht verkneifen. Dieser brodelnde Dampfkessel, den die US-Amerikaner hier am Kochen hielten, lockte nach und nach fast wie magnetisch immer mehr Besucher an, die sich das Spektakel auch nicht nur passiv ansahen, sondern schnell mitten drin in der Action waren und frenetisch mitgingen. Musikalisch waren die zumeist kurzen Songs geprägt von massiver Death-Metal-Schlagseite, aber auch Hardcore-Attitüde und Grind-Wahnsinn. Zwischendurch dazu immer wieder tanzbare Passagen, die innerhalb kurzer Zeit derart viel Staub aufwirbelten, dass die Campsite Stage wohl auf dem ganzen Gelände wiedererkannt werden dürfte. In ihrem Set hatte die Band aus Massachusetts auch drei Songs ihres kommenden Albums mitgebracht sowie zum Abschluss ein Cover von HATEBREEDs „Filth“, das mit herben Blastbeat-Attacken noch etwas individualisiert wurde. Die Traube vor der Bühne wanderte jedenfalls direkt eine Station weiter zum Merchandise – ein gutes Zeichen.

CRADLE OF FILTH (22:25, TS)

Das orchestrale Intro „The Fate Of The World On Our Shoulders“ eröffnete das Set von CRADLE OF FILTH auf der T-Stage. Trotz des noch andauernden Auftritts von AMON AMARTH auf der Main Stage hatte sich das Infield bereits gut gefüllt. Ungewöhnlich hell, fast gleißend hell war das Licht auf der Bühne, während sich die Band einfand. Fronter Dani Filth erschien mit einer Kapuze verhüllt und drehte eine kleine Runde auf der Bühne. Auch im weiteren Verlauf des Sets blieb er sehr dynamisch und war oft nicht hinter seinem kunstvoll gestalteten Mikroständer anzutreffen. Die Kapuze fiel und CRADLE OF FILTH lieferten mit „Existential Terror“ den ersten richtigen Song. Damit wählten sie einen Track vom aktuellen Album „Existence Is Futile“. Es sollte der einzige bleiben, denn die Setlist war mit Stücken von sieben verschiedenen Alben verteilt über die Bandgeschichte sehr ausbalanciert. Unter anderem gab es anlässlich des 30-jährigen Jubiläums von „The Principle Of Evil Made Flesh“ den Titeltrack zu hören. Die Band performte äußerst routiniert, wobei Dani Filth die Rampensau gab und gewohnt rotzige Ansagen machte. „How the devil are you?“ begrüßte er das Publikum. Er forderte außerdem dazu auf, die Grabenschlampen für ihr Geld arbeiten zu lassen. Gitarrist Marek Šmerda setzte sich ebenfalls in Szene. Sein Pinhead-Makeup allein war ein Hingucker. Die Hits hatten sich CRADLE OF FILTH für das Ende aufgehoben. Mit „Nymphetamine“, „Born In A Burial Gown“ und „Her Ghost In The Fog“ stieg die Stimmung kontinuierlich, bis sich die Band schließlich unter Jubel verabschiedete.

LORDI (23:25, MS)

Gemessen an der Zuschauermenge kurz vor halb zwölf Freitagnacht sollte hier gleich etwas Interessantes passieren. Und was könnte das Interesse der Massen nachhaltiger wecken als die fünf
Finnen von LORDI? Pünktlich auf die Sekunde enterte das Quintett die Bühne und legte mit “Dead Again Jayne“ los. Der Funke sprang sofort auf das Publikum über und sorgte für wildes Gehüpfe und rhythmisches Klatschen. Nach “My Heaven Is Your Hell“ begrüßte Mr. Lordi die Zuschauer sehr charmant auf Deutsch und erkundigte sich nach dem werten Befinden. Schnell stellte er fest, dass es doch einen großen Unterschied zwischen „ja“ und „jaja“ gebe, und er diesen genau kenne. “I personally prefer “jaja“, as it involves assholes, wickedness and much more!“. Die perfekte
Überleitung zum Titel “Hug You Hardcore“. Auch optisch war einiges geboten. Zu “Lucyfer Prime Evil“ kam eine qualmende Kreissäge zum Einsatz, die das Publikum zu dröhnenden “LORDI“-Chören verleitete. Dies gefiel dem Frontmonster sichtlich: “Go on, I personally fucking love the lyrics to the song you just chanted. Applaud yourself, but not too much, you’ll just get cocky“. In diesem Stil kalauerten sich LORDI durch ein abwechslungsreiches Set voll alter und nicht ganz so alter Hits, bis Mr. Lordi nach “The Riff“ einem Crewmitglied durch die anwesenden Massen zum Geburtstag gratulieren ließ. Jedoch nicht handelsüblich mit einem Geburtstagsgruß, sondern zünftig mit einem schallenden “fuck you, fuckface!“ Der Techniker nahm es mit Humor und winkte grinsend in die Kamera, bevor LORDI den Endspurt ihres Auftritts mit “Devil Is A Loser“ einleiteten. Den krönenden Abschluss bildete der erste und noch immer beliebteste Hit der Truppe, “Hard Rock Hallelujah“. Hierfür mussten nur die Zuschauer Keyboarderin Hella überzeugen, dass sie laut genug schreien konnten. Dies glückte zügig, und die Menge rockte sich zu “Hard Rock Hallelujah“ endgültig die Seele aus dem Leib.

MOONSPELL (01:00, MS)

Der Beginn verzögerte sich leicht, doch das Warten hatte sich gelohnt. Für viele sind MOONSPELL eine Wundertüte, wobei die Kernfrage meist lautet: Wie viel vom alten Material spielen sie? Genug, auch wenn es keine großen Überraschungen gab. Mit „Opium“ und „Awake!“ holten die Portugiesen direkt zum 90er-Doppelschlag aus. Später folgte „Mephisto“, ebenso vom 1996er-Zweitwerk „Irreligious“. „Alma Mater“ vom Debüt „Wolfheart“ war am Ende noch ein echtes, wenn auch obligatorisches Highlight. Hinzu kamen Hits wie „Finisterra“, die sich zumindest nicht in jedem MOONSPELL-Set befinden. Sowohl die Stimmung vor Ort als auch die Stimmen danach waren sehr positiv. Und optisch fuhren die Gothic-Metal-Ikonen mit Videoprojektion statt Backdrop und viel rotem Licht ebenso imposant infernalisch auf. Das funktionierte in Kombination mit Feuersäulen eindrucksvoll – vor allem bei einem Lied wie „Mephisto“. Der Sound war laut und drückend, was insbesondere die Heavy-Parts richtig gut betonte. Alles in allem eine mehr als gelungene Show, die in Erinnerung bleibt.