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- Summer Breeze 2011
- Donnerstag, 18.08.2011
- Freitag, 19.08.2011
- Samstag, 20.08.2011
Rituale sind wichtig im Leben. Und so gehört es für viele Leute, die das Summer Breeze jedes Jahr auf dem Plan haben, eben auch dazu den Auftakt mit dem Musikverein Illenschwang zu begehen. Dirigent und Sänger Harich Günther hatte mit seiner Kapelle auch von Anfang an volles Haus und dementsprechend leichtes Spiel. Es wurden direkt erste Circlepits gesichtet, die Polonaise zog launige Runden durchs Publikum und während der einstündigen Show kam es bereits zu mindestens drei Walls Of Death! Die lustigen Mannen sind mittlerweile sogar soweit, dass sie ihr Merch auf dem Festival feilbieten, dieses Jahr gabs neben der aktuellen CD nämlich auch Shirts und Mützen. Als Vollprofis mit zig Auftritten pro Jahr, haben sie natürlich auch Wünsche erfüllt und so durften dann auch Standards wie der Zillertaler Hochzeitsmarsch nicht fehlen. Ozapft is!
Bei prächtigem Wetter am ersten Festivaltag hatten DAVIDIAN die Ehre den NEW BLOOD AWARD und somit das Festival zu eröffnen. Welchen Stellenwert der Contest mittlerweile hat, war am gut gefüllten Rund zu bestaunen. Angesichts des in diesem Jahr vergrößerten Zeltes ein perfekter Start für die Schwaben. Nervosität war den Jungs trotz der imposanten Kulisse aber kaum anzumerken. So ging es von der ersten Minute an mit Vollgas nach vorne und die Matten kreisten im Takt. Ganz unbekannt schien die Band dem Publikum nicht zu sein. So war es kaum erstaunlich, dass Kracher wie „Fake Society“ und „Manmade Hell“ deutlichen Zuspruch fanden. Sichtlich angetan von den Reaktionen der schon jetzt wild moshenden Masse, liefen DAVIDIAN zur Höchstform auf. So war es schließlich auch eine logische Konsequenz, dass sich dank den erdigen Thrashsalven von der Bühne der erste Circlepit bildete. DAVIDIAN wurden schließlich nach knapp 30 Minuten und einer überzeugenden Leistung verabschiedetet und markierten einen starken Einstand für das SUMMER BREEZE 2011.
Mit Hardcore Punk war jetzt gleich mal Kontrastprogramm angesagt und STEVE FROM ENGLAND wurden als zweite Band des noch frühen Nachmittags förmlich auf die Bühne gebrüllt. Leider hatten die jungen Herren nicht den besten Start, sondern direkt mit einigen Soundproblemen zu kämpfen, die sich allerdings im Laufe des Sets schnell verflüchtigten. Angeheizt von einem gönnerhaften Publikum, liefen die fünf Herren zu absoluter Topform auf. Getreu dem Motto „Rechts vorbei und Spaß dabei!“ donnerten STEVE FROM ENGLAND völlig enthemmt auf ihrer Autobahn von Song zu Song und sorgten für ein tobendes Publikum. Die leichten Startschwierigkeiten am Anfang waren denn auch schnell vergessen. Routiniert und mit jeder Menge Pfeffer im Allerwertesten brannte das Quintett ein überzeugendes Hardcore-Feuerwerk ab, das sich gewaschen hatte und setzen einen Glanzpunkt des noch jungen ersten Festivaltages. Auch das Publikum hatte die Mannen nun vollends ins Herz geschlossen und schmetterte die ersten Zugabe-Rufe.
SHEAR hatten mit gut 2000 zurückgelegten Kilometern und 30 Busstunden Fahrtzeit die mit Abstand längste und sicherlich auch stressigste Anreise der heutigen NEW BLOOD Bands hinter sich. Dafür alle Daumen hoch und Respekt vor diesem Engagement. Sichtlich motiviert enterten die fünf Herren um Frontdame Alexa die Bretter und legten mit dem Opener „Someone Else’s Eyes“ mächtig los, was vom Publikum mit anerkennendem Beifall belohnt wurde. Leider schoss Sängerin Alexa zuweilen etwas über das Ziel hinaus und schien die Anreisestrapazen nicht ganz so gut verdaut zu haben wie ihre Bandkollegen. Nichtsdestotrotz erholte sich die hübsche Blondine im Laufe des Sets und fand zunehmend zu ihrer stimmlichen Stärke. Stilistisch bewegten sich die Finnen im Melodic Death-Fahrwasser und ließen zum Ende des Sets keine Zweifel aufkommen, dass sich die lange Anreise gelohnt haben sollte. So war es auch kaum verwunderlich, dass das Publikum die anfänglichen stimmlichen Patzer schnell entschuldigte und einen soliden Auftritt geboten bekam.
Als nächstes gingen nun KILT aus Kiel an den Start und hatten die bis dato kräftigste Crowd vor der Bühne versammelt – was wohl auch daran lag, dass sich die meisten mittlerweile häuslich auf dem Campingplatz eingerichtet hatten und sich vollends den Bands widmen konnten. KILT sollten die Erwartungen der Fans an diesem frühen Abend vollends erfüllen, soviel sei schon vorweggenommen. KILT ließen von Beginn an keine Zweifel aufkommen, dass man wild entschlossen war, die Menge im Sturm erobern zu wollen, was mit Ansage und tight gespielten Death Metal-Krachern hervorragend gelang. „From The Abyss“, „Worlds Collide“ und „Enslaved By A Slave“ waren derartige Anheizer, dass sich der Moshpit bis an die Grenzen des Zeltes ausdehnte. Die fünf Jungs hatten sichtlich Spaß am heutigen Abend und ließen wenig Zweifel daran, dass man sich neben STEVE FROM ENGLAND als heißen Anwärter für den Sieg beim NEW BLOOD AWARD empfehlen wollte. Well done boys!
Während KILT mächtig Eindruck gemacht hatten und zum Ende gar noch mit Zugaberufen verabschiedet wurden, hatten ARCTURON als fünfte Teilnehmer des New Blood Awards da schon mehr mit dem Publikum zu kämpfen. Selbiges tröpfelte nur langsam herein, als die jungen Schweizer mit „Pleasures Of The Earth“ ihr Set begannen. Doch von der etwas ausgedünnten Menge ließ sich das Quartett nicht beirren und lieferte bei glasklarem Sound, der vor allem die Soli herrlich perlend hervortreten ließ, eine solide Show ab. Vor allem Fronter Aljosha Gasser war ständig auf Interaktion mit dem Publikum aus, das es ihm mit fortlaufender Show auch immer mehr dankte. Der kleine Tanz Pit zu „Gryfius“ entwickelte sich bald zu einem ansehnlichen Mosh Pit und spätestens beim schnellsten Song „The Dissenter“ konnte man die Anzahl der fliegenden Mähnen nicht mehr an zwei Händen abzählen. Auch wenn es mit dem Sieg letztendlich nichts geworden ist: für ARCTURION hat sich die weite Anreise aus der Schweiz definitiv gelohnt.
Die Gesetzlosen aus Heidelberg traten in adäquater Kleidung zu ihrer Show auf der Camel Stage an, die sie dann auch noch mit diversen Accessoires ausgeschmückt hatten. Cowboyhüte und -stiefel, Lederhosen und –mäntel sowie ein entsprechendes Backdrop waren ja zu erwarten. Aber der Mikroständer von Sänger Alex Kraft in Form eines Gewehrs, der Rinderschädel am Mikroständer des Bassisten, die Strickschlinge an der Gitarrenbox und auch die Hörner am übergeilen Sonnengelb-Metallicfarbenen Ludwig-Drumkit waren schon Hingucker. Los gings natürlich mit nem Mundharmonika-Intro a la Morricone, bevor sie ihren Gäulen dann die Sporen gaben und mit dem programmatischen „Wild Times“ losgaloppierten. Die Band kam vom Start weg gut an, gewann aber mit jedem ihrer vier Sets sogar noch mehr Publikum für sich. Smart beendeten sie jedes Segment mit einer Coverversion und sorgten u.a. mit einem Banjo-Einsatz für Abwechslung.
Die frenetische Begrüßung durch eine nicht ganz kleine Fangruppe gleich zu Anfang des Sets ließ zwar bereits auf einige Bekanntheit von FAREWELL TO ARMS schließen aber Heidewitzka: was dieser Metalcore-Fünfer mit lediglich vier Songs ablieferte, ist sichtlich jedem und jeder des anwesenden Junkvolks wie ein ganzer Bottich eiskalten Bieres an diesem heissen Tag reingelaufen! Über die gesamten 25 Minuten hatten FAREWELL TO ARMS die Menge fest im Griff. Technisch tight aufgelegt gab sich jeder der Beteiligten als Aktivposten auf seiner jeweiligen Position und auch bei den zahlreich erschienen Fans gab es keinen Stillstand. „Stick To Nothing“ und „Waiting Till The Sky Falls“ wurden fast durchgängig mit Circle Pits quittiert, in „From Init To Exit“ spielte fast die Hälfte Hüpfburg und die vor „Between The Walls Of Ruins“ vom Fronter Dominik Martin angekündigte Wall Of Death mochte gar nicht abebben, sondern endete im heillosen Mosh Chaos. Ein Feuerwerk für die junge Garde, das sicherlich ein Highlight an diesem noch jungen Summer Breeze-Tag darstellte.
Zum ersten Mal auf dem Summer Breeze zu Gast waren MELECHESH, eine wirklich ungewöhnliche Band mit israelischen Wurzeln und einem ganz ureigenen Stil, welcher sich von sämtlichen Mitbewerbern unterscheidet. Davon durften sich auch die zahlreichen Fans im Partyzelt überzeugen, spielt die Truppe um Frontkämpfer Melechesh Ashmedi doch fast schon progressiven Black/Thrash Metal mit orientalisch angehauchten Skalen, welche dem technisch anspruchsvollen und dennoch wildem Black-Metal-Sturm einen besonderen mystischen Charme verleihen. Von düsterer Magie geprägte Epen wie „Rebirth Of The Nemesis“ überzeugten mit mächtiger, präziser Percussion-Arbeit, einer druckvollen Wand aggressiv sägender Gitarren, einprägsamen, detailverliebten Melodien, sowie ausdrucksstarkem Gesang. Dabei verströmten die Hymnen ein orientalisches Flair, als ob das Partyzelt irgendwo im Nahen Osten gestanden hätte. Angesichts der schwierigen Lage dort waren aber sicherlich alle Anwesenden froh, diesem interessanten, mitreißenden und gleichzeitig exotisch wirkenden Auftritt der sumerischen Schwarzmetaller doch hier in Dinkelsbühl beigewohnt zu haben. MELECHESH wurden kräftig abgeifert, zumindest in der vorderen Hälfte des Zeltes bildeten sich größere Moshpits, es gab auch schon die ersten Publikumsdiver, und jedes neue Stück wurde heftig umjubelt. Passend zum speziellen Flair hatte Ashmedi übrigens einen Perserteppich auf der Bühne ausgelegt. Morgenländische (Schatten-)Kultur im Abendland!
Nachdem die Metaller von MELECHESH die Bühne verlassen haben, machte sich wahrlich frenetischer Jubel breit, als der schwedische Sechser namens SCAR SYMMETRY nach dem obligatorischen Soundcheck die Bühne betritt. Das Zelt vor der Partystage ist beinahe komplett gefüllt und wirklich jedem Aufruf der Musiker wird konsequent und augenblicklich (und sogar bis in die hinteren Reihen!) Folge geleistet – egal ob Klatschen, die blanke Faust oder schlichtweg die Pommesgabel handelte. Die beiden Sänger, wie auch die restliche Band, geben ihr Bestes, um die Crowd bei Laune zu halten, was ihnen scheinbar mühelos gelingt. Fast jeder Song wird brav mit einem „Dankeschön“ beendend, lassen Sie einen Track nach dem anderen vom Stapel. Soundtechnisch wahrlich gut in Szene gesetzt, formt sich zwischenzeitlich eine Wall Of Death in der Menge, welche vom Härtegrad her wiederum weniger zum Stoffhasen passt, der im Verlauf des Gigs auf die Bühne fliegt. In die gleiche Richtung werden von der dicht gedrängt stehenden Menge ebenfalls der ein oder andere Crowdsurfer geschickt, welche allesamt mit offenen Armen von der Band empfangen werden. Nachdem SCAR SYMMETRY kurz vor Ende ihres Sets noch auf die Autogrammstunde am Metal.de Stand hingewiesen haben, ist auch Feierabend für die Musikanten und die sechs Schweden verschwinden unter frenetischem Applaus von der Bühne.
Urgesteine des deutschen Thrash Metals kündigen sich an und bereits beim Soundcheck werden massig DESTRUCTION-Rufe laut. Im Moment des einsetzenden Intros gibt es bei vielen der Anwesenden kein Halten mehr und die eine oder andere Kehle wird durch exzessives Schreien staubtrocken. Kaum hat das Intro ein Ende, ist es auch soweit: DESTRUCTION legen mit „Curse The Gods“ los. Wo zuvor noch Wall of Death und Circlepit regierten, gibt es nun einen Moshpit, der bis zum letzten Song des Sets auch kein Ende findet. Schmier, der sicherlich des einen oder anderen Besuchers Vater sein könnte, meint diesbezüglich, dass das SUMMER BREEZE das Festival des Nachwuchses sei. Hier gäbe es weniger alte Säcke, als in Wacken. Wir lassen das unkommentiert. So alt die Protagonisten auch sein mögen, sie lassen sich nichts davon anmerken. Mike ist von der ersten Sekunde an am Headbangen und Schmier post wie ein Verrückter. Sie spielen sich durch alle Dekaden ihrer Schaffenszeit und obwohl die Menge immer voll dabei ist, wird Schmier nicht müde, den Moshpit weiter anzufeuern. Bier als Duschersatz wird ebenfalls verschenkt und ein weiteres Mal machen DESTRUCTION ihre Fans mit einem routinierten, aber keinesfalls langweiligen Gig glücklich.
Püntklich um 23.45 Uhr drang der Imperial March aus Star Wars aus den Boxen und kündigte die Ankunft VADERs an. In einem bis zum Bersten gefüllten Partyzelt wurden die Todesblei-Veteranen mit einem Meer aus in die Höhe gereckten Pommesgabeln begrüßt und läuteten die zweite Hälfte der Nuclear Blast Label Night gleich mit dem „Necropolis“ Opener-Duo „Devilizer“ und „Rise Of The Undead“ ein. Das von vorn herein auf Krawall gebürstete Publikum musste hier zwar noch mit einem etwas dünnen Sound auskommen, was der fortwährenden Feierlaune allerdings keinen Abbruch tat. Denn schon mit dem Blick zurück nach 1994, „Sothis“, knatterte die polnische Death Metal-Maschinerie in gewohnter Stärke aus den Boxen: mit trockenen Salven aus den Sechsaitern und einer immerwährend präzise und unerbittlich tackernden Artillerie aus der Schießbude. Leader Piotr „Peter“ Wiwczarek übte sich in seinen Ansagen in Fremdsprachenkenntnissen, vergaß darüber hinaus aber nicht, auch mit Bühnenpräsenz zu überzeugen. Trotz der schlauchenden Temperaturen und der hohen Gangart hielt die Menge VADER bis zum letzten Drittel des Sets die Treue, bevor es bei „Impure“ und „The Wrath“ auch vor der Bühne dann deutlich gemäßigter zuging. Apropos gemäßigt: in der als Tribut an die Anfänge des Heavy Metal angekündigten Zugabe doomten sich VADER zunächst mit „Black Sabbath“ durch ein immer noch zu drei Vierteln gefülltes Partyzelt, bevor mit „Reign In Blood“ dann noch der standesgemäße Schlusspunkt eines enorm tighten Gigs gesetzt wurde.
Die „Newcomer“ von HELL veröffentlichten ihr Debüt ja erst 2011, die Band existiert aber bereits seit Anfang der 80er! Hier schwang sich also mächtig motiviert eine wahre Kultband auf die Bühne, der man ihr Alter einerseits zwar ansah aber andererseits nicht anmerkte, so engagiert und bewegungsfreudig wie die Briten ans Werk gingen. Klarer Chef im Ring war ihr Sänger, der allein durch seinen silbernen Lorbeerkranz im Haar und sein Bügelmikro auffiel, vor allem aber mit seiner extrovertierten Art und hohem Gestikfaktor punktete – kein Wunder, der Mann kommt vom Musical. Das zahlreich anwesende Publikum geriet nicht gerade in Extase, klatschte aber immer wieder gerne mit und die ersten Reihen zeigten sich sogar recht textsicher. Die Band spielte perfekt zusammen, zwischen den Songs wurde mittels Keyboard-Flächen die Stimmung gehalten und der Sänger sorgte zusätzlich durch den ein oder anderen Kostümwechsel für Abwechslung. Für viele unbemerkt stand da eine regelrechte Metal-Legende auf der Bühne, eine der Gitarren wurden nämlich von Andy Sneap bedient. Der hat über die letzten Jahre alles was Rang und Namen im Business hat in seinem Studio produziert oder deren Alben gemischt – Hut ab!
Als SYLOSIS um kurz vor halb Drei ihr Set begannen, hatten die heißen Temperaturen und die hohe Schlagzahl der vorangegangenen Bands bereits ihren Tribut gefordert: nur noch ein kleiner Kreis Hartgesottener harrte im Partyzelt aus, als die jungen Briten mit „Empyreal“ in ein spannungsgeladenes Set einstiegen. Und auch auf der Seite der Band zeigten sich Ermüdungserscheinungen. SYLOSIS waren, so Sänger und Gitarrist Josh Middleton, noch geschlaucht vom Gig der letzten Nacht und so fiel das Stageacting nicht ganz so energetisch aus, wie man es von SYLOSIS vielleicht erwarten könnte. Was nicht heißen soll, dass Band und Pulikum kein Gas gegeben hätten. Die Fans holten mit vereinzelten Circle Pits das letzte ihrer Reserven heraus und SYLOSIS selbst zockten über 40 Minuten einen guten Querschnitt ihrer beiden Alben nebst geforderter Zugabe professionell, tight und mit drückendem Sound herunter. Vor allem war es eine Wonne dem Solo-Geflitze von Josh Middleton zuzuhören, so präzise kamen seine Leads. Mit einem guten Querschnitt aus ihren beiden Alben fand die Nuclear Blast Label Night einen würdigen Abschluss.