Seiten in diesem Artikel
- Summer Breeze 2017
- Samstag 19.08.2017
- Freitag 18.08.2017
- Donnerstag 17.08.2017
- Mittwoch 16.08.2017
Mit einer hauptsächlich akustisch gehaltenen Interpretation der „Game Of Thrones“-Titelmelodie als Intro-Song begann der Festival-Donnerstag überraschend ruhig. Doch kaum starteten FIRKIN mit „Galway Races“ in ihr eigentliches Set, kam bereits ordentlich Leben in die Bude. Die Ungarn (deren Name übrigens nicht ihrer Heimatsprache entliehen ist, sondern ein altes englisches Flüssigkeitsmaß darstellt) hatten sich dem irischen Folk verschrieben, zelebrierten diesen jedoch eine ganze Ecke rauer und urtümlicher als beispielsweise ihre fränkischen Kollegen von Fiddler’s Green. Nichtsdestoweniger entpuppten sich die Stücke rasch als uneingeschränkt tanzbar und brachten die angesichts der frühen Stunde noch eher überschaubare Menge gut in Wallung. Immer wieder wurden traditionelle Klänge eingewoben, sei es der altbekannte „Drunken Sailor“ oder der „Star Of The County Down“. Bei einer kurzen „We Will Rock You“-Einlage zeigte sich hingegen vor allem, dass das Publikum zu dieser frühen Stunde noch nicht sonderlich mitsingfreudig war. Wer von folkloristisch angehauchten Gruppen die obligatorische Ladung Schweinkram erwartet, wurde hingegen nicht enttäuscht. Nachdem Sänger Andy die Zuschauer zum kollektiven Ausziehen aufgefordert hatte, sang er inbrünstig „I wish I had my finger in the pie“ und freute sich diebisch über die „nasty girls“, die die absichtlich zweideutige Refrainzeile begeistert mitsangen.
Es war an der Zeit, dass die neue Hauptbühne zeigen durfte, was sie kann: der große, zentral in die Bühnenbretter eingelassene Drehteller setzte sich in Bewegung und brachte Instrumente und Bandmitglieder der NEW ROSES nach vorne. Nur noch ein letzter Instrumente-Check und schon konnte es im Programm weitergehen. Die Wiesbadener rockten von der ersten Sekunde an engagiert los und demonstrierten eindrucksvoll, dass sie zwar relativ kurzfristig als Ersatz für die krankheitsbedingt verhinderten Xandria ins Programm gerutscht sein mochten, deswegen jedoch keineswegs nur zweite Wahl waren. Doch so sehr sich die Jungs auch bemühten, ihren launigen Classic Rock unters Volk zu bringen, die Lücken im Zuschauerraum wollten sich nur langsam schließen. Offensichtlich steckte vielen Besuchern die T-Party vom Vorabend noch in den Knochen. Das frühe Aufstehen dürften die Anwesenden hingegen keineswegs bereut haben, denn THE NEW ROSES präsentierten sich als eine Truppe, die mit geradezu jugendlich anmutender Spielfreude das Zeug hat, demnächst in die Fußstapfen von in Ehren ergrauten Genre-Größen wie AC/DC zu treten.
Pünktlich zu High Noon betraten FIT FOR AN AUTOPSY als erste Band des Tages die T-Stage. Unter der sengenden Mittagssonne hatten es die Amerikaner mit ihrem atmosphärisch dichten, technischen Metalcore allerdings zunächst schwer. Denn obwohl mit „Saltwound“ gleich ein bandeigener Hit als erstes in die Menge gefeuert wurde, zeigten sich die Anwesenden nicht gerade bewegungsfreudig. Auch der zunächst etwas dünne Sound spielte FIT FOR AN AUTOPSY da nicht gerade in die Hände. Zwar bemühte sich die Band sichtlich das Publikum auf ihre Seite zu ziehen – sowohl was das wilde Stageacting, als auch die immer wieder fordernden Ansagen von Sänger Nate Johnson anging. Ab und zu bildeten sich auch kleine (Circle-)Pits, aber so richtig Schwung kam nicht in die Sache. Erst als der Sound langsam besser wurde und vor allem deutlich wuchtiger in die Magengegend drückte, wachte auch die Crowd langsam auf. Und so kam es, wie es kommen musste: zu „The Jackal“ wurde eine Wall of Death ausgerufen, die, zwar spät, aber dafür umso nachdrücklicher, dem Set mehr Power gab. Kein Wunder also, dass das abschließende „Absolute Hope Absolute Hell“ unzweifelhaft das Highlight markierte. Gerade auch weil sich Johnson in den Bühnengraben begab und den Kontakt zum Publikum suchte. Abzüge in der B-Note gab es dafür, dass die Spielzeit nicht komplett ausgenutzt wurde. Da hätte locker noch ein Song reingepasst!
Trotz brennender Sonne wurde es finster auf der Camel Stage, denn ERDLING trotzten der Hitze mit ihrem Mix aus Neue Deutsche Härte und Dark Wave. Dank des hohen Aufkommens an Samples, die zudem verdammt laut waren, rief die Band mehr als einmal Erinnerungen an Eisbrecher wach. ERDLING brachten eine energiegeladene Performance auf die Bühne, die sich hinter den großen Vorbildern nicht verstecken brauchte. Insbesondere die Saitenfraktion war ständig in Bewegung. Zudem dirigierte Frontmann Neill Devin das Publikum souverän von der ersten Sekunde an. Die Fans sprangen, sangen und klatschten schon beim Opener „Mein Element“ ohne Umschweife mit. Auch das Mitsingspielchen bei „Phönix“ funktionierte tadellos. Dafür bedankte sich Neill ausgiebig: „Wir dachten wir würden hier nur vor so zehn Leuten spielen. Jetzt habt ihr für eine unserer besten Shows überhaupt gesorgt!“ Seinen Höhepunkt erreichte der Auftritt mit dem finalen „Blitz und Donner“. Beim Titeltrack der ERDLING-Debüt-EP gab es im Publikum endgültig kein Halten mehr.
Vielleicht hatten FIT FOR AN AUTOPSY ihr Set gekürzt, weil sie noch schnell zur SUMMER BREEZE Stage wollten, um WHILE SHE SLEEPS anzuschauen. Denn die Engländer erleben mit ihrem neuen Album „You Are We“ zurzeit einen deutlichen Aufschwung – was auch daran abzulesen war, dass der Platz vor der Bühne brechend voll war. Innerhalb der wenigen ersten Töne des Titel-Tracks ihres neuen Longplayers, brachen gleich die ersten Pits los und die Lyrics, die Sänger Lawrence ‚Loz‘ Taylor der tanzenden Meute inbrünstig entgegen brüllte, wurden ebenso inbrünstig wieder zurück geschrien. Was dann folgte, waren 48 Minuten Hochleistungssport bei fast schon tropischen Temperaturen. Highlights zu benennen, fällt da schwer. Denn die Stimmung kochte bei „Seven Hills“, ebenso wie bei „Brainwashed“ oder der aktuellen Single „Silence Speaks“. Vor dem abschließenden „Hurricane“ revanchierte sich das Publikum für diese äußerst engagierte und energiegeladene Show mit lautstarken „WHILE SHE SLEEPS“-Sprechchören. Da verwundert es wenig, dass Taylor nach der Show völlig ausgepowert, aber sichtlich glücklich, hinter der Bühne lag.
Sie ließ etwas auf sich warten, doch dann kam die britische Metalcore-Band OCEANS ATE ALASKA unter Applaus seitens des Publikums vor der T-Stage auf ebendiese Bühne. Sänger James Noakes wünschte sich umgehend einen Circle Pit vom Publikum. Und dieses ließ sich nicht zweimal bitten. Von Beginn an herrschte ein reges Treiben vor der Bühne. Die Menge rannte wie von der Tarantel gestochen im Kreis und bangte zu jedem einzelnen Breakdown, den die Band wie eine Welle von der Bühne über das Publikum hinweg brechen ließ. Kein Wunder: die Birminghamer brachen da einen dicken Metalcore-Sound vom Zaun, der in Mark und Bein ging und zudem auch seine leicht progressiven Momente hatte. Da wirkte die Frage „You want us to play another one?“, die Noakes beiläufig ans Publikum richtete, gänzlich überflüssig. Und vor ihrem letzten Stück „Escapist“ erfolgten die üblichen Danksagungen, ehe das Publikum bei besagtem, finalen Track für die Band noch einmal alles aus sich heraus holte und ein letztes Mal am Rad drehte, ehe sich die Band in den wohlverdienten Feierabend verabschiedete.
MISS MAY I ereilte ein Schicksal, welches man keiner Band wünscht: das komplette Equipment abhandengekommen, standen die US-Amerikaner vor dem Gig auf der SUMMER BREEZE Stage vollkommen blank und ohne ihr Arbeitsgerät da. Doch der Metal-Community wird nicht umsonst ein starker Zusammenhalt nachgesagt: flugs halfen das Festival sowie am gleichen Tag aufspielende Bands mit Ersatzinstrumenten aus, unter anderen steuerten Whitechapel etwa die Effektpedale leihweise bei. Damit stand einem zünftigen Metalcore-Abriss nichts mehr im Weg, den MISS MAY I zwar vor weniger Zuschauern als noch While She Sleeps aber nichtsdestotrotz nach allen Regeln der Kunst zelebrierten. Typischer Metalcore im Stile As I Lay Dyings, Killswitch Engages oder auch Calibans; Fronter Levi Benton animierte das Publikum zu jeder Art von Reaktion: von Hüpfen, Mitklatschen und reihenweise in die Luft gereckten Hörnern bis zu Crowdsurfing, Circle Pits und Violent Dancing kitzelte er das Letzte aus den anwesenden Fans heraus und beackerte selbst auch konstant die Bühne von rechts nach links. Neben seinen herben Growls kamen die im Metalcore so wichtigen Clean-Vocals seiner Mitmusiker ebenso punktgenau. So gaben MISS MAY I allen, die dem in den Nullerjahren berühmt gewordenen Stil anhängen, einen Grund, diese Band weiterhin auf dem Zettel zu haben.
Eine norwegische Überraschung gab es in diesem Jahr auf dem SUMMER BREEZE zu bestaunen: FIGHT THE FIGHT aus Oslo konnten mit ihrem eigenwilligen, aber überhaupt nicht sperrigen Mix aus Core, Modern und Post Metal überzeugen. Damit müssen sich die Jungs wohl noch ein bisschen aus der Geheimtipp-Ecke heraus arbeiten, denn vor der Bühne war doch mehr Platz, als der Sound der Norweger verdient gehabt hätte. Umso enthusiastischer ging die Menge mit der Spielfreunde von FIGHT THE FIGHT um, die direkt zum Start mit „Fight The Fight“ einen ziemlichen Kracher losließen. Dazu herrschte umgehend rege Beteiligung vor der Bühne, die bis zum Ende des halbstündigen Gigs durchweg erhalten blieb. Spätestens ab dem vierten Titel „My Emeperor“ hatte sich dann auch ein ordentlicher Moshpit geformt, in dem die Core-Fans Gas geben konnten. Zum Crowdsurfen reichte es indes nicht ganz, was ein paar engagierte Herren bewog, eine Anhängerin der Band einfach gleich nach vorne zu tragen, anstatt sie anderen Menschen weiter zu reichen. Vielleicht war das Inspiration für Frontmann Lars Vegas, der beim letzten Titel „The Edge“ ein spontanes Bad in der Menge nahm – auch wenn er dabei nicht besonders weit kam. FIGHT THE FIGHT konnten in diesem Jahr bestimmt ein paar neue Fans gewinnen und empfahlen sich für zukünftige Besuche.
Für Freunde des gepflegten Metalcores standen WITHIN THE RUINS pünktlich auf der Bühne. Das amerikanische Quartett ließ sich nicht groß bitten und stiegen mit „Gods Amongst Men“ und motiviert bis in die Haarspitzen in ihr Set ein. Besonders beeindruckend war von Anfang an das virtuose Spiel von Gitarrist Joe Cochhi. Bassist Andrew Tate auf der anderen Seite überzeugte nicht nur an seinem Instrument, sondern auch als Clean-Sänger der Band. Im Mittelpunkt des Geschehens stand allerdings zu jeder Zeit Shouter Tim Goergen. Er suchte im Fotograben die Nähe zu den Fans und forderte alle dazu auf, bei der anstehenden Autogrammstunde ein Bier mit der Band zu trinken. Seine bodenständige Art kam beim Publikum gut an, sodass nach seiner Aufforderung „Push your friends around“ nicht lange gefackelt, sondern ein brachialer Moshpit gestartet wurde. Aufgelockert wurde die Show durch gelegentliche kurze Sample-Intros. Doch abgesehen davon gönnten WITHIN THE RUINS weder sich noch ihren Anhängern eine Pause. Belohnt wurde das mit seligen Gesichtern der Zuschauer am Ende der Show.
Wenn man bereits sieben Studio- und ein Live-Album veröffentlicht hat, gehört man auf der Bühne im Normalfall schon zu den alten Hasen. Zudem gilt die Regel: wenn Phil Bozeman für WHITECHAPEL am Mikrofon steht, hält einen auch die am frühen Nachmittag hartnäckig glühende Sonne nicht davon ab, schon beim ersten Song einen Circle Pit zu starten. Bereits zum zweiten Mal waren sie nach Dinkelsbühl geladen und mit ihrem Werdegang vom Highspeed-Deathcore zu melodischem und groovigem Midtempo präsentierten die Jungs aus Knoxville eine ausgewogene Mischung ihres Schaffens der vergangenen neun Jahre. Mit sechs Bandmitgliedern kam dabei nicht nur vor sondern auch auf der SUMMER BREEZE Stage ordentliche Bewegung auf – Grund genug also, für drei kleine Pausen zwischendurch, welche auch die wachsende Anzahl der erschöpft an den Wellenbrecher gelehnten Mitstreiter bitter nötig hatten. Für lange Reden war dabei keine Zeit und so ließ die vom Leadgitarristen Ben Savage in nicht ganz so unauffälligen schwarzen Cowboystiefeln vorangetriebene Stunde Breakdown-Hagel keinen Zuschauer und keines der Band-Handtücher trocken, was insbesondere der vermehrten Begeisterung der Zuschauer über neuere Stücke wie „Elitist Ones“ und „Tremors“ zu verdanken war.
Ein bisschen wie Hellboy sah er aus, der Sänger von CARNATION, dank roter Gesichtsfarbe und vor der Brust verschränkten Ketten. Wie passend, denn die Belgier legten einen Sound frisch aus der Hölle vor! Vom ersten Takt an servierte die Combo feinsten Old-School Death Metal. Davon bekamen zunächst jedoch nur ein paar Hartgesottene etwas mit, die in der prallen Nachmittagssonne vor der Camel Stage ausgeharrt hatten. Schon bald war die Menge jedoch auf ein Vielfaches angeschwollen und CARNATION hatten keine Mühe, ihr Publikum bis zuletzt in ihrem Bann zu halten. Zu unbarmherzigen Riffs, krachenden Tempowechseln und manchem schwindelerregenden Solo flogen nicht nur die Haare, sondern auch gerne ganze Körper, denn schon bald hatte sich in der Mitte ein Moshpit geformt. Der Sommersonne wurde mit reichlich Bühnennebel getrotzt, aber eigentlich verjagte der Sound von CARNATION das Licht auch ganz ohne Hilfsmittel. Die kreative Bodenständigkeit dankte das Publikum den Belgiern mit kräftigem Applaus, lautem Anfeuern zwischen den Titeln und hochgereckten Pommesgabeln. Zur Belohnung gab es auch eine Kostprobe vom anstehenden Debütalbum, die ebenfalls mit wild geschüttelten Mähnen quittiert wurde. Begleitet von frenetischem Getöse marschierten CARNATION schließlich von der Camel Stage.
Was ein Klangteppich! Die Briten von TESSERACT wurden am Donnerstagnachmittag ihrem Ruf als Meister der Atmosphäre absolut gerecht und zeichneten im dichten Bühnennebel melancholische Landschaften in die Gehörgänge des Publikums. TESSERACT ist keine Band, die man nebenbei hört und entsprechend ruhig und intensiv lauschte das Publikum dem Quintett. Brennende Nachmittagssonne und der Wasserball, der über die Köpfe der Zuschauer reiste, passten eigentlich so gar nicht zum Progressive Metal-Sound der Band. Das hinderte die meisten Fans in den ersten Reihe jedoch nicht daran, textsicher mitzusingen und die Menge spendete zwischen den Songs tosenden Beifall. Auf der Bühne gab es dafür vollen Körpereinsatz, allen voran von Sänger Daniel Tompkins und dem barfüßigen Basser Amos Williams. Wer nicht dabei war, hat einen jener Auftritte verpasst, die den Status eines Gesamtkunstwerks einnehmen, bei denen aber auch jeder einzelne Titel mit eigenen Ideen und eingängiger Melodik besticht. Ein Hochgenuss!
Im Anschluss riefen OBITUARY zum Untoten-Stelldichein auf der SUMMER BREEZE Stage. Mit viel Nebel und noch mehr gepflegter und im Takt wippender Haarpracht zeigte Mr. Tardy, warum man die zombietastischen Stunden mit OBITUARY auch nach all den Jahren einfach lieben muss: Während die ersten zehn Zuschauer-Reihen unentwegt ihre Matten zu seinen vor Gift und Innereien sprudelnden Worten kreisen ließen, herrschte auf der Bühne selbst eine unvergleichbar sympathische Stimmung. Nicht nur die Zuschauer mussten bei den Riffs unweigerlich mitwippen, auch feierten die fünf miteinander eine große Party und gaben sich auf der Bühne – ihrem Zuhause – gewohnt professionell, schnörkellos und schlichtweg umwerfend. Dabei überraschten sie zusätzlich auch damit, dass sie die Setlist während des Auftritts der Stimmung der Publikums anpassten – sehr zum „Leidwesen“ der Schreiberlinge, weil im Nachhinein keins der Bandmitglieder genau sagen konnte, was oder wie viel Songs bei dem Auftritt eigentlich gespielt worden waren. Kam „Turned Inside Out“ oder „Chopped In Death“ zuerst? Egal, denn: OBITUARY haben die längsten… Haare – so viel steht fest!
Nachdem in den letzten Jahren Acts wie Bilderbuch und Wanda unterstrichen haben, dass es auch in Österreich durchaus hörenswerte und frische Bands gibt, schicken sich nun die Österreicher von BLACK INHALE an vehement zu unterstreichen, dass es auch in Sachen Metal Bemerkenswertes im Nachbarland gibt. Fronter und Gitarrist Raffael Trimmal hätte wohl auch als Basketballer Karriere machen können, mit einer Stimme, die nicht wenige an den Jungen Phil Anselmo erinnerte, sind wir aber froh, dass er sich für die Bühne und gegen das Basketballfeld entschieden hat. Mit massig Druck und ebenso viel Spielfreude nutze der Vierer die ihnen zugestandene halbe Stunde optimal aus, drückte aufs Gas, vergas aber auch die Kommunikation mit dem Publikum nicht. Eine mehr als überzeugende Visitenkarte, die die Band hier hinterlassen hat. Demnächst kann man sie dann im Vorprogramm von Volbeat, Flogging Molly und Amorphis in Graz erleben.
Für alle, die der intensiven Mittagssonne für einen Moment entfliehen wollten und die außerdem mit dem Namen EISBRECHER etwas anfangen konnten, kam die Einladung zur Listening- und Signing-Session der Industrial-Rocker am Donnerstag ganz gelegen. Im Campsite Circus stellten die Mannen ihr neues Album „Sturmfahrt“ vor und signierten nebenbei fast alles – mit ausdrücklicher Ausnahme von „untrainierten Männerärschen“. Eine ganze Reihe treu Ergebener kam der Einladung nur zu gerne nach. EISBRECHER-Fronter Alexander Wesselsky moderierte die Veranstaltung bestens aufgelegt an, und dann drang der neue Langspieler auch schon aus den Boxen. Die versammelte, zugegebenermaßen vorbelastete, Menge, nahm das neue Material sichtlich wohlwollend auf. Neben den Unterschriften gab es Fotos mit den Helden und das ein oder andere Pläuschchen. Insgesamt erwies sich dieser kleine Service für EISBRECHER-Fans und Interessierte als nettes Intermezzo zwischen dem festivalüblichen Hetzen von Bühne zu Bühne.
Total tiefenentspannt (Lead-Gitarrist JB lief sogar in Flipflops auf) und hochmotiviert betraten die Extrem-Metalcore-Sportler von AUGUST BURNS RED gegen 17 Uhr die Hauptbühne. Im starken Kontrast zum Old-School-Geknüppel von OBITUARY, die den vorhergegangenen Slot mehr als ausgefüllt hatten, ging es bei AUGUST BURNS RED technisch und hochmodern nach vorne. Das etwas verjüngte Publikum bildete schon sehr bald den ersten Circle-Pit und wirbelte im wahrsten Sinne des Wortes Staub vom mittlerweile gut trocken gestampfen Boden auf. Die Setlist wies einen erstaunlich hohen Anteil älterer Songs auf, was damit zusammenhängen mag, dass AUGUST BURNS RED derzeit ihr Album „Messengers“ anlässlich seines zehnten Geburtstages in Europa betouren. Der Stimmung tat das keinen Abbruch und das Gebotene wurde mit allen Ausdrucksformen der Modern-Metal-Kultur abgefeiert. Mit einem aufrichtig-christlichen „God bless you“ verabschiedete Shouter Jake Luhrs das zufriedene Publikum nach genau einer Stunde Spielzeit.
Als nächstes gab es auf der T-Stage mit den Münsteraner Post Rockern LONG DISTANCE CALLING ein wenig Kontrastprogramm zum sonst auf der Bühne vorherrschenden Geknüppel. Das sympathische Quartett lieferte eine verdammt tighte Performance ab. Die Jungs waren wirklich perfekt aufeinander eingespielt. Deshalb konnten sich Bassist Jan Hoffmann und vor allem Rhythmusklampfer Florian Füntmann auf die ganz großen Rock-Posen konzentrieren. Lead-Gitarrist David Jordan hingegen stand wie in Trance auf der Bühne. Er war ganz in seine geschmackvollen Soli versunken. Das Publikum hingegen ist in Feierlaune. „Ihr seid einfach geile Leute“, rief einer der Zuschauer, was die Band zu weiteren Höchstleistungen antrieb. Im Laufe des Konzerts präsentierten die Münsteraner einen gelungenen Mix aus getragenen und rockigen Stücken. So war für jeden Fan etwas dabei. Besonders begeistert wurde aber die Ankündigung des knalligen „Black Paper Planes“ vom zweiten Studioalbum „Avoid The Light“ aufgenommen. Da LONG DISTANCE CALLING mit der Länge ihres Set eine exakte Punktlandung hinlegten, konnten sie den lautstarken „Zugabe“- Forderungen leider nicht nachkommen.
Die Band aus dem Wiener Bezirk Simmering fackelte wirklich nicht lange. Mit „Feuerwehrfestl“ vom aktuellen Album „Das Neue Festament“ starteten TURBOBIER ihr Set und sofort begann eine riesige Party vor der Camel Stage. Einhörner, grölende Menschen und Konfetti, soweit das Auge reichte. Sänger Dr. Marco Pogo konnte es kaum fassen und konterte mit: „SUMMER BREEZE, bist du deppert? Ja Servus!“. Auch der vermeintliche Antisong „I Hoss Olle Leit“ zog die Stimmung nicht runter, ganz im Gegenteil. Als Dankeschön gab es dann erotisches Popogewackel von Pogo persönlich und auch seine Kollegen Doci Doppler, Baz Promüü und Fredi Füzpappn zeigten besonderen körperlichen Einsatz. Das Publikum feierte den Song „Insel Muss Insel Bleiben“ so ekstatisch, dass man beinahe davon ausgehen konnte, alle Anwesenden wären auf der Donauinsel in Wien geboren und aufgewachsen. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte der Auftritt, als von der Band Gratismoneten in die Menge geworfen wurden, denn Geld kann man schließlich immer brauchen. TURBOBIER, die selbsternannten Chefidelogen des regelmäßigen Bierkonsums und Gründer der Bierpartei Österreich (BPÖ), klärten auf: „Ein Schein gibt ein Freibier am Bierstand, haben wir mit dem Veranstalter so ausgehandelt.“ Zum Abschluss teilte der Herr die Menge in Fußballfreunde und Biertrinker – schwere Entscheidung für einige Anwesende – und blies mit „Fuaßboiplatz“ zum Finale. Die Rechnung ging auf, denn Punk Rock, Bier oder Fußballplatz reichten, um alle Leute zu mobilisieren – Wall of Death, im Stile von TURBOBIER oder wie wir sagen: Leiwander Auftritt!
Nach dem brachialen Auftritt von AUGUST BURNS RED brauchten viele Zuschauer offenbar eine Pause. Anders konnte die überschaubare Menge, die sich zu LIFE OF AGONY eingefunden hatte, nicht erklärt werden. Dabei hatten Mina Caputo und ihre Mannen einen Sack voll Goodies dabei. Wer einen seiner größten Hits, in diesem Fall „River Runs Red“, gleich zu Beginn ins Rennen schicken kann, der… kann sichs halt leisten! Und so schoben LIFE OF AGONY mit „This Time“ auch direkt einen weiteren Klassiker hinterher – der zwar von vielen Die-Hard-Fans gefeiert wurde, aber sonst für wenig Resonanz sorgte. Selbst als „Weeds“ angestimmt wurde – direkt der nächste Mega-Hit – kam nicht so richtig Stimmung auf, was Mina Caputo auch zu der Frage veranlasste, ob denn alle vielleicht ein wenig müde seien. Wie dem auch sei, der Sound stimmte, die Band hatte Bock und auch die Songauswahl ließ im Grunde wenig zu wünschen übrig. Zum Schluss wurde nämlich nochmal auf den „River Runs Red“-Fundus zurückgegriffen: „Through And Through“ und „Underground“ legten noch mal eine ordentliche Schippe Groove und Nostalgie-Faktor obenauf. Leider wurde das Set, wohl aufgrund von Problemen mit der Technik, um eine gute Viertelstunde gekürzt. Schade fürs SUMMER BREEZE, da wäre deutlich mehr drin gewesen.
Eines steht fest: Wenn die Technical Death Metal-Band DECAPITATED auf dem Programm steht, dann hat die Security viel zu tun. Mit „Deathvaluation“ vom aktuellen Album „Anticult“ wurde trotz brütender Abendsonne zur aggressiven Nackengymnastik geblasen. Was wie erwartet zu enormem Aufwand für die Security führte, da sich von Beginn an viele Stagediver ihren Weg Richtung Graben bahnten. All die wehende Haare erzeugten zusätzlich einen organischen Sturm, über den sich Sänger Rafał Piotrowski und der Rest der Band sichtlich freuten. Die Ballerexperten servierten dem Volk genau das, was man nach über zwanzig Jahren Bandgeschichte erwarten kann. Nämlich eine präzise und brutale Show, die sich aus der reichhaltigen Diskografie zusammensetzte. Das Motto lautete ganz klar: Wer hat, der kann. Mit hochrotem Kopf schleuderte Rafał seine Growls punktgenau in die Menge und ließ selbstredend seine ultralangen Dreads dazu kreisen. Trotz dem Zuspruch und der offensichtlichen Sympathie, bedankten sich DECAPITATED anständig für den jahrzehntelangen Support. Als Belohnung gab es „richtig alten Scheiß“ und zum Abschluss den Doppelbrecher „Spheres Of Madness“ und „Homo Sum“. Die Stimmung erreichte ihren Höhepunkt und die bis dahin eher einzeln oder im Duett moshenden Fans schlossen sich zu einem amtlichen Circelpit zusammen. Angemessene Reaktion auf einen Hochkaräter dieser Gewichtsklasse.
Es war gut was los vor der Camel Stage. Und schon vor Showbeginn konnte sich die Menge mit Songs unter anderem von Fu Manchu schon mal warmschunkeln. Als dann DAWN OF DISEASE die Bühne enterten, blickten sie sichtlich erfreut auf die enorme Menge, die sich vor der Bühne versammelt hat. Die Jungs aus Osnabrück traten schwer mit Bier bewaffnet und komplett in Schwarz gekleidet die Stage und ließen sich nicht lange bitten. Von der ersten Sekunde ihres Auftritts an ballerten die fünf Männer brachialen Melodic Death Metal in die Menge, die vor der Bühne eine entsprechend rauschende, den Nacken beanspruchende Party feierte. Schwer bollerte es aus Richtung der Bühne, Schlagzeuger Christian Timmer verlieh der Floskel der Schießbude neue Relevanz. Den letzten Track kündigte Frontbrüller Tomasz Wisniewski als „langsamer“ an. Aber wie zu erwarten bei einer derart kompromisslosen Spielweise des Melodic Death war das natürlich relativ. Auch der Rausschmeißer „Catacombs“ ließ die Köpfe im Publikum noch einmal heftig im Takt nicken, ehe sich DAWN OF DISEASE in den wohlverdienten Feierabend verabschiedeten.
MOONSPELL waren dieses Jahr gleich für zwei Highlights verantwortlich. Eines davon fand in dem seit letztem Jahr neu installierten Campsite Circus statt, das jedoch nur ein ausgewählter Kreis an Fans miterleben konnte: der Zugang zur Show war nämlich nicht öffentlich, sondern wurde vor Beginn des Festivals verlost. Der Einlass der Gewinner der 666 Tickets zögerte sich aber etwas hinaus, sodass MOONSPELL den als Ambient Acoustic Show angekündigten Auftritt leider mit einer Verzögerung beginnen mussten, was zur Folge hatte, dass die Gesamtspielzeit auf nur 30 Minuten zusammenschmolz. Die aber hatten es in sich. In einem eh schon von der Sonne den ganzen Tag erwärmten Zelt heizte eine auf Fernando Ribeiro am Mikrofon, Pedro Paixão am Keyboard und Ricardo Amorim an der Gitarre reduzierte Besetzung dem kleinen Kreis der Anwesenden mächtig ein, obwohl kein einziger Ton verzerrt aus den Boxen schallte. Fixpunkt war definitiv Ribeiro, der die ungewohnte Situation professionell meisterte und gar nicht erst auf dem für ihn bereitgestellten Stuhl Platz nahm, sondern von vornherein stehenden Fußes mit viel Gestik, Körpersprache und Fankontakt – inklusive Abklatschen im Fotograben – die akustisch umgesetzten Songs erst zum Funktionieren brachte. Diese präsentierte die MOONSPELL-Dreierbesetzung größtenteils in um Soli und Wiederholungen entschlackten Versionen, bei denen laut Ribeiro ein größtmöglicher Fokus auf Spontaneität gelegt wurde – den einen oder anderen Growl bei „Nocturna“ und „Alma Mater“ konnte er sich wohl einfach nicht verkneifen. Selbst beim Sisters Of Mercy-Cover „Something Fast“ zeigte sich das Publikum sofort abgeholt, klatschte und sang fast jeden Titel mit und wurde am Ende von „Alma Mater“ von Ribeiro als Chor dirigiert. Den anschließenden tosenden Applaus hatten sich MOONSPELL redlich verdient.
Nach dem unerwartet frühen Ende der Life-Of-Agony-Show zog sich die Wartezeit auf den Auftritt des DEVIN TOWNSEND PROJECTs wie Kaugummi in die Länge. Nach der überragenden Show im Jahr 2014 war die Erwartungshaltung riesig, doch der Kanadier und seine Mannen konterten diese mit gewohnter Souveränität und Lässigkeit. Die vor Understatement strotzenden Ansagen des Masterminds konterkarierten die ambitionierte musikalische Darbietung effektiv und lockten das Publikum mit umgekehrter Psychologie aus der Reserve. „Dieser ganze Blödsinn mit der Publikumsbeteiligung ist optional, aber derjenige, der dabei am albernsten aussieht, bekommt ein T-Shirt!“ versprach Devin, bevor er mit „Rejoice“ und „Stormbending“ in die Vollen ging. Die Band entfesselte eine angenehm wuchtige Soundwalze, die erbarmungslos durchs Infield fegte und immer wieder Tausende von Händen klatschend in die Höhe riss. Wahre Jubelstürme entfachte Dauer-Gastsängerin Anneke van Giersbergen, die sich ab der Mitte des Sets zur Band gesellte und Stücke wie „Supercrush“ oder das hymnische „Grace“ auf eine völlig neue Stufe hob. Dass sie beim Über-Song „Kingdom“ vorübergehend eine Gitarre in die Hand gedrückt bekam, entpuppte sich hingegen als musikalisch eher nutzloser Showeffekt. Im Hinblick auf die begrenzte Spielzeit und Devin Townsends umfangreichen Bandkatalog dürfte am Ende freilich jeder Fan eine ganz individuelle Auswahl an zwingenden Stücken vermisst haben. Die allzu offensichtlichen Ohrwürmer schien die Band geradezu bewusst zu vermeiden und stattdessen mit vielfach verschachtelten Prog-Ungetümen vornehmlich die eigene Die-Hard-Anhängerschaft glücklich machen zu wollen. Da hatte nicht nur manch unbedarfter Zuhörer Schwierigkeiten, angesichts der komplexen Stücke die Übersicht zu behalten.
Nach dem triumphalen Auftritt von DECAPITATED setzten die Technical-Death-Metaller von SUFFOCATION den Prügel-Abend auf der T-Stage konsequent fort. Mit perfektem Sound und fast schon unheimlicher Präzision schickte der Fünfer einen Nackenbrecher nach dem anderen ins gut aufgelegte Publikum. Pfeilschnelle Hack-Passagen wechselten sich mit schweren Groove-Momenten zum Headbangen ab. Derek Boyer lief an seinem Headless Bass zu Höchstleistungen auf. Für Dynamik war ausreichend gesorgt. Sehr schnell bildete sich ein rasender Circle-Pit vor der Bühne, der sich bis zum abschließenden „Infecting The Crypts“ auch nicht mehr beruhigen wollte. Mehrfach bedankte sich Live-Sänger Kevin Muller für die langjährige Unterstützung durch das Breeze-Publikum und widmete Song um Song den „crazies in the pit“. Ein zwischenzeitlicher Verweis auf den noch folgenden Auftritt von NILE steigerte die Stimmung beim aufgeheizten Publikum kurz vor Ende des Sets noch einmal um ein paar Nuancen. Mit diesem Live-Statement hatten SUFFOCATION zumindest amtliche Vorarbeit geleistet.
An sich verwunderlich, dass sich auch so viele Jahre nach der Wiedervereinigung noch eine Ost-West-Grenze durch die Köpfe so vieler Leute zieht. Bei Festivals in den längst nicht mehr neuen Bundesländern sind die Rostocker Crushing Caspars schon lange eine feste Größe und Garant für erstklassige klassische Hardcore-Unterhaltung. Dieser Ruf eilte ihnen offensichtlich nicht gar so vehement voraus, denn zu Beginn ihrer Show hatten sich keine 100 Leute vor der Camel Stage versammelt – allerdings gabs auf den anderen Bühnen mit Suffocation und Megadeth auch klingende Namen im Angebot… Mit ihrer grundehrlichen, sympathischen Art punkteten sie aber bei den anwesenden Leuten und so wuchs das Publikum in den 30 Minuten Spielzeit kontinuierlich an. Der bullige Fronter Jens „Snoopy“ Schnorr gab auch direkt nach dem ersten Song – aus aktuellem Anlass – ein klares politisches Statement gegen Nazis und erntete auch für diese Aussage frenetischen Applaus. Lief also unterm Strich alles prima für die Baltic Hardcore-Truppe und die paar überzogenen Minuten hat ihnen wohl auch niemand übel genommen!
Den ersten Headliner-Slot des diesjährigen SUMMER BREEZE-Jubiläums belegte am Donnerstagabend niemand Geringeres als eine Thrash Metal-Legende. MEGADETH gaben sich die Ehre und vor der Bühne erklangen die Lobpreisungen schon aus zahlreichen Kehlen, bevor Dave und seine Mitstreiter überhaupt nur einen Fuß auf die Bretter gesetzt hatten. Die Spannung entlud sich mit den ersten Tönen von „Hangar 18“ und dem Neuzugang an der Gitarre Kiko Loureiro, der die Bühne noch vor seinen Mitstreitern nahezu stürmte. Doch auch Dave Mustaine und David Ellefson am Bass zeigten sich in bester Spiellaune. Ein glasklarer Sound fast auf dem gesamten Bühnenvorplatz tat ein Übriges. Durchsetzt von einer Handvoll bewährter Titel neueren Datums zockten MEGADETH sich in den folgenden 80 Minuten durch ein Klassiker-Set, das hinter die Zuordnung der Band zu den „Big Four“ des Thrash Metals noch einmal ein deutliches Ausrufezeichen zu setzen vermochte. „In My Darkest Hour“ durfte dabei ebenso wenig fehlen wie „Trust“, die Ballade „A Tout le Monde“ und das unverwüstliche „Symphony Of Destruction“. Dave Mustaines Begleitmannschaft zeigte sich in bestechender Form. Doch obwohl besagter Kiko Loureiro zwischenzeitlich sogar einige Minuten Solo-Show inklusive Finger-Cam spendiert bekam, wurde sehr deutlich, wer in dieser Band die Hauptfigur darstellt. Bis auf den einen oder anderen Textaussetzer lieferte Mustaine auch ab und die blonde Lockenmähne vor den vulkanischen Leinwandprojektionen sorgte für so manches diabolisch-triumphale Bild des Abends. Die Zeit verging derweil im Flug und als sich die Band zum Abschied verbeugte, hätte die Uhrzeit tatsächlich noch einen letzten Song zugelassen. An der hohen Qualität des Dargebotenen änderte das freilich nichts und im Publikum überwogen die zufriedenen Gesichter bei weitem.
Es war ja nicht so, dass niemand wusste, was einen bei der Show von NILE erwarten würde. Schon während des Soundchecks zogen immer wieder Blastbeat-Schwaden über die Menge. Und so gaben NILE auch nach dem eröffnenden, mystisch orientalischen Intro mit ihrem ägyptisch angehauchten Death Metal richtig Gas. Der Andrang war denkbar groß was NILE mit professioneller Gelassenheit zur Kenntnis nahmen. So zelebrierte die Band aus Kalifornien eine gute Dreiviertelstunde nackenbrechender, ägyptischer Geschichte, die von verbotenen Geheimnissen und Mystik handelte. Von andächtiger Stimmung konnte jedoch kaum die Rede sein. Denn das Publikum nahm die harten, flotten und druckvollen Klänge, die von der Bühne kamen, geradezu euphorisch entgegen und dankte es der Band mit enormer Publikumsdynamik inklusive Crowdsurfing. Während sich Schlagzeuger George Kollias förmlich in Trance spielte, lieferten Karl Sanders und Co. ihre düsteren Botschaften mit fiesen, bösartigen Growls, die vor allem bei Sanders geradezu dämonische Züge annahmen. Man hätte fast meinen können, die Herren hätten allerhand Flüche ausgesprochen. Zum Glück scheint niemanden etwas passiert zu sein. Noch nicht.
Mit dem offiziellen Zeitplan nahmen es FIDDLER’S GREEN nicht allzu genau. Nachdem sie ihr Akustik-Set bereits mit einer zehnminütigen Verspätung begonnen hatten, überzogen sie ihre eigentlich 45-minütige Spielzeit um eine weitere halbe Stunde. Den glücklichen Ticketgewinnern für diese exklusive Show sollte es offensichtlich nur recht sein, trotz eines saunagleichen Raumklimas blieb das Zirkuszelt bis zum Schluss brechend voll. Als Vollprofis ließen sich die Erlanger auch von anfänglichen Technik-Problemen nicht beirren und boten ihr langjährig erprobtes Unplugged-Programm gleichermaßen routiniert wie spielfreudig dar. Die ständig wechselnde Instrumentierung bescherte dem Publikum solch ausgefallenes Klangwerkzeug wie Plastik-Klangstäbe, Xylophon oder Melodica. Das krönende Highlight stellten indes zwei leere Bierdosen dar, die von Trommler Frank Jooss fachmännisch bearbeitet wurden, nachdem zwei aus dem Publikum auf die Bühne geholte Damen sie fachfräuisch geleert hatten. Solcherart perkussiv untermalt wurde „Bottom Of Our Glass“ tatsächlich noch frenetischer bejubelt als der Rest des bis dahin bereits an mitsingkompatiblen Hits nicht armen „Irish Speedfolk“-Programms. Um die Stimmung oben zu halten, feuerte die Band nun einen Hit nach dem anderen in die Menge. Auf den Volkslied-Klassiker „Star Of The County Down“ folgten „Yindy“, „The Night Pat Murphy Died“ und „Strike Back“, bevor mit der augenzwinkernden Publikums-Beschimpfung „Bugger Off“ der ultimative Rausschmeißer gefunden war. Doch so leicht wollten die Fans ihre Lieblinge nicht gehen lassen und rangen ihnen mit „Dirty Old Town“ noch eine Zugabe ab – angesichts der bereits weit überschrittenen Spielzeit kam es auf ein paar weitere Minuten ohnehin nicht mehr an.
Wer am Vortag bei Vomitory Blut geleckt hatte, durfte seinen Hunger nach mehr bei CUT UP stillen. Die Nachfolgeband, bei denen Vomitorys Tobias Gustafsson und Erik Rundqvist zocken, fährt zwar eine weniger technische aber nicht minder heftige Schiene. Blöd nur, dass Nile, die zeitgleich auf der T-Stage ihren Gig beendeten, ebenfalls Fans aus beiden Lagern ansprechen und zumindest zu Beginn die potentielle Menge an Schaulustigen vor der Camel Stage somit dezimiert haben dürften. Aber CUT UP, nach eigener Aussage eh nur zum SUMMER BREEZE gekommen, um „Bier zu trinken und Death Metal zu spielen“, scherten sich nicht um einen halbleeren Platz, sondern zimmerten unumwunden ein kleines Best-Of ihrer zwei Alben durch die PA. Ebenfalls mit von der Partie: ein für die kleinste Bühne des Festivals brachialer Sound, bei dem die Drums gut im Saft standen, die Gitarren übersatt bratzten und die ultra-tiefen Growls von Rundqvist die etwas „seichtere“ Variante seines Sechssaiter-Kompagnons Andreas Björnson passend konterkarierten. Mit derart Druck im Rücken wuchs die Zuschauerschar auch bald auf eine beachtliche Größe an. Vor allem die Midtempo-lastigen „Vermin Funeral“ und der Titeltrack des aktuellen Albums „Wherever They May Rot“ wurden mit reichlich Nackeneinsatz abgefeiert. Damit lieferten CUT UP eine sehr fette Vorstellung ab und zeigten sich zu Recht als Erben Vomitorys.
Drei Stunden, nachdem MOONSPELL für Begeisterungsstürme bei ihrer Ambient Acoustic Show im Campsite Circus sorgten, setzten sie auf der T-Stage zum zweiten Streich an. Und auch dieser Auftritt hatte einen besonderen Hintergrund: nicht nur das SUMMER BREEZE feiert dieses Jahr Geburtstag, auch die Institution aus Lissabon darf sich Kerzen auf ihren Geburtstagskuchen packen, 25 um genau zu sein. Aus diesem Anlass gab das Quintett anders als bei ihren drei bisherigen Auftritten in Dinkelsbühl mal keinen Mix aus Evergreens und neuem Material zum Besten sondern ein reines Old-School-Set. Kein geringeres Album als „Irreligious“ haben sich MOONSPELL ausgesucht, um die Setlist zusammenzubasteln: außer „Subversion“ kam jeder Song ihrer 1996er Großtat zum Zuge, dazu gab es als Abschluss die unvermeidlichen „Vampiria“ und „Alma Mater“. Damit ging es natürlich sowohl auf als auch vor der Bühne deutlich deftiger als im Zelt zur Sache. Zwar gab sich das Publikum zu Beginn ein wenig hüftsteif und zwang Frontmann Fernando Ribeiro vor allem in der ersten Hälfte des Sets zu mehr Publikumsanimation. Doch spätestens mit den Double-Bass-lastigeren Songs von „Irreligious“ war auch dieser Bann gebrochen und die Fans feierten eine fortwährend in blutrotes oder giftgrünes Licht getauchte Show ab, wie es sich für dieses einmalige Setting gehört. Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gab, dann das etwas alberne Gimmick der Laserpointer-Handschuhe, mit denen Ribeiro zu „Herr Spiegelmann“ allerhand Handbewegungen vollführte. Ansonsten war es in Punkto Unterhaltung ein Auftritt, wie man ihn von MOONSPELL gewohnt ist.
Ein unvergessliches Headliner-Erlebnis hatten AMON AMARTH im Vorfeld des diesjährigen SUMMER BREEZE zugesagt. Und die Hoffnung war berechtigt, dass sie dieses Versprechen einlösen würden, schließlich konnte das Headliner-Potenzial der Band bereits am Mittwoch auf der T-Stage bestaunt werden. Nach der Bühnendrehung offenbarte sich der Horde zunächst der Schlagzeugaufbau in Wikingerhelmform, mit dem AMON AMARTH bereits auf ihrer Jomsviking-Tour punkten konnten. Wer aber befürchtete, dass die Norweger einfach nur ihr Tourprogramm abliefern würden, konnte aufatmen: Das versprochene Sahnehäubchen wurde mit Cocktailkirsche und aus gut gefüllten Hörnern serviert. Der Opener „Pursuit Of Vikings“ legte die Marschrichtung vor: Johan Hegg und seine Mannschaft begrüßten das SUMMER BREEZE auf den Frontboxen stehend, hinter gleißenden Feuerfontänen. Vor der Bühne hatte sich gefühlt das gesamte Festival versammelt. In keiner Richtung war mehr ein Durchkommen möglich und die Fandichte rechtfertigte den hohen Stellenwert, der AMON AMARTH beim SUMMER BREEZE eingeräumt wird. Vom „I love you, Johan!“-Schild irgendwo in den Frontreihen, über die zahllosen Trinkhörner, bis hin zur beeindruckenden Textsicherheit der Menge gab es genügend Beweise, dass hier eine würdige Jubiläums-Band auf der Bühne stand. Die anderthalb Stunden des Konzertes waren entsprechend gespickt mit allerlei Beigaben: Neben der opulenten Pyroschau, lieferten sich als Wikinger kostümierte Darsteller Schaukämpfe und untermalten die Texte zu Titeln wie „First Kill“, „Deceiver Of Gods“ oder „Way Of Vikings“. Und wo wir schon bei Songtiteln sind: Mit Einträgen aus der Ferner-liefen-Liste hielten sich AMON AMARTH beileibe nicht auf. Stattdessen prügelten die Fünf einen Mitsing-Klassiker nach dem nächsten aufs Battlefield. Da durfte natürlich auch „A Dream That Cannot Be“ nicht fehlen, zu dem Doro Pesch herself als Überraschungsgast antrat. Neben Johan Hegg wirkte die zierliche Frau zunächst fast wie ein Kind, aber sobald Doro ihre Stimme auf Tour gebracht hatte, war dieser Eindruck verflogen. Auch hinter der Bühne schaute mancher prominente Gast vorbei – darunter Dave Mustaine, der sich zu „Deceiver Of Gods“ an den Bühnenrand gesellte. Neben den zahlreichen Backdrop-Wechseln und Spezialeffekten, wie brennenden Runen zu „Guardians Of Asgaard“, beeindruckten zudem Johans riesiges Trinkhorn und das riesige aufblasbare Seeungeheuer, das zu „Twilight Of The Thundergod“ die Bühne zierte. Mancher Zuschauer dürfte von all dem aber nicht viel mitbekommen haben, denn während des gesamten Gigs war ein beachtlicher Teil der Menge im Circlepit oder auch einfach mitten auf dem Feld mit leidenschaftlichem Moshen beschäftigt. Fazit: Wem nach diesem Auftritt der Nacken nicht schmerzt, der war nicht da. Und da mehr Menschen vermutlich nicht ins Infield gepasst hätten, werden am Freitag viele Besucher des SUMMER BREEZE dank AMON AMARTH mit Nackenschmerzen zu kämpfen haben – und es vermutlich nicht bereuen.
Dass die Riege der ernstzunehmenden Front-Röhren mittlerweile um einen neuen Namen erweitert werden muss, unterstrichen SPOIL ENGINE zu später Stunde auf der Camel Stage. Die Belgier mit holländischer Sängerin hatten dabei von vornherein gute Karten und ließen in Sekundenschnelle erkennen, dass die Musik hierbei der (weiblichen) Optik in nichts nachsteht: Wer dachte, es handele sich dabei um Jungs an der Klampfe mit einer zerbrechlichen Dame am Mikro, der hatte sich gewaltig geschnitten. Was die Truppe da vom Stapel ließ, dürfte das eine oder andere Alpha-Männchen aus dem Revier vertrieben und gleich danach für blaue Flecken und starre Nackenmuskulatur gesorgt haben. Das an moderne Arch Enemy-Kreationen erinnernde Riffgewitter bretterte ab der ersten Sekunde mit voller Wucht von der Bühne und Iris Goessens stand ihren Kollegen mit fiesen Schreien, tiefen Core-Growls und melodischem Gesang in nichts nach. Dabei wurde trotz kurzer Spielzeit für ordentlich Abwechslung gesorgt: Mit Rausschmeißern wie „Stormsleeper“ und „Disconnect“ legte die Band in den Strophen nochmal ordentlich an Tempo zu. Ausgeklügelte Gitarrenmelodien und -soli sorgten zusätzlich für Begeisterung bei den Zuschauern und deren knapp 30 Mann-Moshpit. Ein beeindruckender erster Auftritt auf dem SUMMR BREEZE!
ARCHITECTS haben sich auf den Billings der Welt über die Jahre stetig weiter nach oben gearbeitet. Und sind dazu auch noch von Album zu Album immer stärker geworden. Dass also der Platz vor der T-Stage schon lange vor dem Startschuss prall gefüllt war, wunderte wenig. Freudige Anspannung lag in der Luft, die sich mit den ersten Tönen von „Nihilist“ in einem massiven Mosh-Pit entlud. Und man muss es den Engländern schon lassen: mit wachsendem Bekanntheitsgrad wuchs auch die Produktion entsprechend. Was da an Licht-Effekten aufgefahren wurde, war schon sehr beeindruckend und unterstrich den Sound der Band perfekt. Beim Stichwort Sound mussten allerdings kleinere Abstriche hingenommen werden. Denn es war zwar laut und wuchtig, allerdings dominierte das Schlagzeug alles, und viele kleine Details der technisch anspruchsvollen Riffs gingen im allgemeinen Gewummer doch etwas unter. Nichtsdestotrotz, wer Songs wie „These Colours Don’t Run“, „Broken Cross“ oder „Gravity“ – um nur einige wenige zu nennen – auf dem Programmzettel hatte, konnte sowieso nur gewinnen. Und so arbeitete sich die Band präzise durch ihr Set und bei „Gone With The Wind“ erreichte der sauber aufgespannte Spannungsbogen schließlich seinen Höhepunkt. Sänger Sam Carter, der übrigens hervorragend bei Stimme war, gedachte mit einigen ergreifenden Worten Tom Searle, dem im letzten Jahr verstorbenen Gitarristen und Mastermind hinter den ARCHITECTS. Ein perfekter Abschluss einer großartigen Show.
Nach der eher reduzierten Back-To-The-Roots-Überraschungs-Show am Mittwoch, fuhren IN EXTREMO für ihr Headliner-Set die ganz schweren Geschütze auf. Eine kleine Verspätung von zehn Minuten tat der guten Stimmung dabei keinen Abbruch. Die Mittelalter-Rocker starteten mit „Feuertaufe“ und jeder Menge Pyro-Effekten in ihren Auftritt. Das Publikum zeigte sich von der ersten Sekunde an textsicher. Bereits beim dritten Song „Vollmond“ tobte die Menge. Dass IN EXTREMO bei solch euphorischen Reaktionen aus dem Grinsen nicht mehr rauskamen, überrascht wenig. Trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit begrüßte Michael Rhein die Menge auf humorvolle Art mit: „Guten Morgen SUMMER BREEZE!“ Für ihr tausendstes Konzert hatte die Band im Vorfeld einige Überraschungen angekündigt. Die erste davon folgte im Anschluss an „Störtebeker“. Für „Unsichtbar“ holte die Band nämlich einen „sehr, sehr alten Freund“ auf die Bühne. Dabei handelte es sich um niemand Geringeres als Kreator-Frontmann Mille Petrozza. Der Sänger der Essener Thrash-Institution veredelte den Song bereits auf dem Studioalbum „Sterneneisen“. Auch wenn es ungewohnt war, ihn ohne Gitarre am Mikrofon zu sehen, legte er einen souveränen Gastauftritt hin. Für den Titelsong des aktuellen Albums „Quid Pro Quo“ forderte Michael Rhein dann noch mal die ganze Unterstützung des Publikums: „Wir üben das jetzt mal. Ich schreie ‚Quid Pro Quo‘ und dann ihr.“ Gesagt getan, das Mitsingspielchen saß bereits beim ersten Versuch. Danach ging es Schlag auf Schlag mit „Liam“, „Mein Rasend Herz“ und dem auf Russisch gesungenem „Schwarzer Rabe“. Ihr Hitgespicktes Programm beendeten IN EXTREMO mit dem mittelalterlichen „Pikse Palve“. Umrahmt wurde der Konzertabschluss von einem gewaltigen Feuerwerk. Eine bessere tausendste Show hätte die Band sich und ihren Fans kaum bieten können.
Ein weiteres Mal ertönte „In The Name Of The Flesh“ und die morbid-grün beleuchtete Atmosphäre war bei dem Fünfer wie immer Programm. Zunächst verhalten wurde das müde und gepeinigte Fleisch dann immerhin zum zweiten Song ohne weitere Gegenwehr zu den Tönen der schwedischsten Schwaben des Landes in den Pit gezerrt. Mit ihrem aktuellem Album „Emissary Of All Plagues“, welches bereits im vergangenen Dezember veröffentlicht wurde, gab es neben altbekannten Perlen wie „In The Name Of The Flesh“ und „Death Cult Legions“ live auch genug neues Material auszutesten. Aufgetischt wurden hierbei die altbekannte REVEL IN FLESHigen Leckereien: Songs mit rohen Riffs, kernigen Tönen und von Blast Beats bis zu schleppendem Tempo alles, was das Old School Death Metal-Herz begehrt. Und außerordentlich gesprächig war Frontmann Haubersson auch. Zwar wurde seiner Ankündigung/Drohung „Jetzt wird der Nacken gebrochen!“ nicht mit dem gebührenden Ernst Folge geleistet, aber der Applaus und die Rufe nach Zugabe zeugten davon, dass das Publikum zwar willig, aber das Fleisch einfach schon zu schwach war. Da müssen sie wohl einfach nochmal ran – im Namen des Fleisches.
Nach der In Extremo-Extravaganza, die ja in einem großen Feuerwerk endete, wirkten WARDRUNA dagegen wie pures Kontrastprogramm. Die Band vermittelte auf der Hauptbühne das intime Gefühl, das man sonst vor allem bei Unplugged-Konzerten bekommt. Das war natürlich gar nicht mal so abwegig, denn der Nordic Ritual Folk der Band um Einar Selvik und Lindy Fay Hella wurde nicht nur mit zahlreichen, selbst gebauten Instrumenten gespielt, sondern verbreitete erst durch seine akustische Natur seine volle Wirkung. Das sieht man wirklich selten, dass das Publikum vor der riesigen Bühne derart ruhig und gebannt das Geschehen verfolgt. Aber die Menge hing der Band an den Lippen und Instrumenten und ließ sich von den mystischen Klängen mitreißen. Bereits bei den Klängen des Openers „Tyr“ machte sich allerseits Gänsehaut breit und es war um das Publikum geschehen. Die Band spielte ihr Set kommentarlos herunter, was in diesem Fall ein starkes Plus war. Denn der Flow, der sich dadurch einstellte, machte die musikalische Erfahrung um einiges intensiver. Erst zum Ende hin ließ sich Selvik zu einem schüchternen „Danke“ hinreißen, ehe die Band mit ihrem abschließenden Song „Helvegen“ diesen denkwürdigen Auftritt zu einem würdigen Ende kommen ließ. Wer die Show verpasst hat, dem sei gesagt, dass die Band im Oktober zwei weitere Deutschlandkonzerte gibt.
Die Viking Metaller von ENSIFERUM machten ihrem Ruf als hervorragende Liveband alle Ehre. Mit dem bombastischen „From Afar“ als Intro stürmten die Finnen mächtig motiviert die Bühne und boten einen furiosen Einstieg in ihr Set. Das Publikum konterte mit geballten Fäuste, wehenden Haaren und emotionalen Chören. Mit „Way Of The Warrior“ gab es sogar schon einen Song vom kommenden Album „Two Paths“ zu hören, auch Bühnenbild und Lichtshow waren von den entsprechenden Farben des neuen Artworks inspiriert. Aufgedreht und engagiert nutzten ENSIFERUM die Bühne für ihre Laufwege komplett aus, was beinahe zu einigen Kollisionen führte. Technische Probleme des Drummers wurden mit einem langen, improvisierten Blues überspielt und die Band präsentierte ihre ganz eigene Version von Iron Maidens „The Trooper“ – in einer Folk Metal-Version mit Akkordeon! Das textsichere Publikum übernahm sofort und ohne jegliche Aufforderung den Gesangspart. Sänger Pedri Lindroos schien sich über die späte Auftrittszeit zu freuen und schlussfolgerte optimistisch, dass ENSIFERUM für den frühen Morgen doch ganz gut geeignet seien. Lediglich die Rufe nach dem Klassiker „Iron“ wurden nicht erhört. Allerdings nur ein kleiner Wermutstropfen, denn mit dem nicht minder beliebten Klassiker „La La Hei“ beendeten ENSIFERUM dann unter tosendem Jubel ihr Set.
Achtung Verwechslungsgefahr: Firkin eröffneten den Donnerstag, FIRTAN beschlossen ihn. Klingt ähnlich, war es aber nicht, denn während erstere vormittags auf der SUMMER BREEZE Stage eher gute Laune verbreiteten, waren letztere des nächtens auf der Camel Stage etwas für Anhänger düsterer Gangart. Kapuzen sind im Augenblick ja so etwas wie der letzte Schrei im Black Metal und auch die Lörracher bemühten sich mit entsprechendem Stage Outfit in schmutzigem Grau und Kunstblut um eine Aura des Mysteriösen. Funktionierte mit Nebelmaschinen und blauer Bühnenbeleuchtung auch hervorragend, musikalisch fischte man in ebenso geheimnisvollen, melodischen Pagan-Black-Gefilden. Vier Songs, darunter mit „In Lichtlosen Tiefen“ ein bis dato unveröffentlichter, schafften es ins Set, das alle drei bisherigen Veröffentlichungen FIRTANs berücksichtigte. Den ganz großen Zulauf gab es um zwei Uhr nachts nicht mehr, dafür laugten die Tages-Temperaturen wohl einfach zu sehr aus. Dennoch reckten zumindest die ersten drei Reihen ihre Fäuste gen Nachthimmel, als FIRTAN den ersten Festival-Tag abschlossen.
Die Kanadier von CRYPTOPSY schickten ihre Fans mitten in der Nacht, beziehungsweise am frühen Morgen, auf einen nostalgisch-blutigen Trip. Die Death-Metal-Band servierte den Hartgesottenen ihr Kultalbum „Non So Vile“ und zwar komplett von Anfang bis Ende. Sänger Matt McGachy war zum Zeitpunkt der Albumveröffentlichung 1996 selbst gerade mal acht Jahre alt, bot die Songs aber mit einer solchen Wucht und Leidenschaft dar, dass man glauben könnte, sie würden aus seiner Feder stammen. Wie ein Berserker röhrte er ohne große Vorstellung oder Gesten mit „Crown Of Horns“ los. Generell verzichteten CRYPTOPSY auf übertriebene Inszenierung. Das Artwork als Backdrop, Nebel im richtigen Moment und aggressives rotes Licht reichten vollkommen aus, um den Blutdruck in Wallung zu bringen. Ansonsten sprach die Musik und die beeindruckende technische Leistung für sich. Während am Anfang ein harter Kern die Matten schwang, füllte sich der Platz vor der T-Stage immer mehr, was für die Uhrzeit und bei dieser komplexen Art von Metal nicht unbedingt zu erwarten war. Derartige musikalische Dominanz und die diabolische Stimmgewalt von McGachy ließen aber auch keinen Widerspruch zu. Auch CRYPTOPSY selbst kamen immer mehr auf Touren und stachelten die Menge mit Ansagen wie „You are the troopers of SUMMER BREEZE, burn your fucking head“ ordentlich an. Ein alles zerstörender Auftritt, der alle Freunde der ganz harten Töne befriedigt haben sollte und ausgelaugt auf den Zeltplatz schickte.